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Taschenkontrollen «Detektiv verfolgt mich. Muss ich mir das gefallen lassen?»

Im Kampf gegen Ladendiebe setzen Warenhäuser auf Überwachungskameras und Sicherheitsdienste. Letztere schreiten ein, wenn ihnen jemand verdächtig vorkommt oder wenn sie einen Langfinger in flagranti erwischen. Was viele nicht wissen: Warenhausdetektive oder Angestellte von Sicherheitsfirmen haben keinerlei polizeiliche Befugnisse.

Ein Detektiv will mich kontrollieren, weil ich mich angeblich verdächtig verhalten habe. Darf er das? Nein. Detektive dürfen Kunden gegen deren Willen nur anhalten und kontrollieren, wenn sie oder andere Mitarbeitende im Warenhaus diese in flagranti erwischt haben. Wenn sie also tatsächlich gesehen haben, wie der Kunde einen Gegenstand einsteckt, an der Kasse vorbeigeht und das Geschäft verlassen will, ohne zu bezahlen.

Was gilt beim Self-Scanning und Self-Checkout?

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Beim Self-Scanning oder beim Self-Checkout werden Kundinnen und Kunden in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter darauf aufmerksam gemacht, dass Stichproben durchgeführt werden können. In diesen Fällen müssen kontrollierte Personen die gekauften Artikel aber selbst zur Kontrolle aus ihrer Tasche holen. Das Personal darf nicht in die Taschen von Kunden greifen.

Stellt sich heraus, dass eine Kundin einzelne Artikel nicht eingescannt hat, muss sie diese an der Kasse bezahlen. Kommen solche «Versehen» immer mal wieder vor, kann der Anbieter den betreffenden Kunden die Berechtigung zum Self-Scanning entziehen, ein Hausverbot erteilen und eine Strafanzeige stellen.

Ein Kaufhausdetektiv beschuldigt mich des Diebstahls. Darf er mich festhalten oder einschliessen, bis die Polizei kommt? Einen Kunden festhalten, stellt einen schweren Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte dar. Solche Eingriffe sind nur zulässig, wenn sie verhältnismässig sind. Damit ein Detektiv einen Kunden gegen dessen Willen bis zum Eintreffen der Polizei festhalten darf, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Detektiv muss den Kunden in flagranti, also auf frischer Tat, beim Stehlen beobachtet respektive erwischt haben.
  • Es muss sich um wertvolles Diebesgut handeln. Bis zu einem Warenwert von etwa 300 Franken sprechen Juristen von «geringfügigen» Vermögensdelikten. In diesen Fällen wäre es unverhältnismässig, einen Kunden beispielsweise zu fesseln oder einzuschliessen, wenn er sich nicht kontrollieren lassen will. Zulässig wäre, einen Kunden ohne Einsatz von körperlicher Gewalt ins Büro zu begleiten, um dort auf das Eintreffen der Polizei zu warten.
  • Bevor ein Detektiv einen Kunden mit Gewalt festhält, muss er ihm diese Massnahme androhen, sofern es die Situation erlaubt. Gibt der Kunde daraufhin seine Personalien an und handelt es sich um Diebesgut unter 300 Franken, darf er nicht mit Zwang festgehalten werden. Selbstverständlich kann das Warenhaus Anzeige erstatten und ein Hausverbot aussprechen.

Ich habe mich geweigert, einem Ladendetektiv meine Taschen zu zeigen. Daraufhin hat er mich festgehalten und die Polizei gerufen. Diese hat dann festgestellt, dass ich nichts gestohlen habe. Kann ich den Detektiv zur Rechenschaft ziehen? Ja. Ein Detektiv, der einen Kunden ohne konkreten Verdacht kontrolliert, überschreitet seine Befugnisse und macht sich unter Umständen strafbar. Vor allem, wenn er den Kunden eingeschüchtert, beschimpft, bedroht oder gar physische Gewalt angewendet hat. Umgekehrt gilt aber das Gleiche: Wer einen Detektiv beschimpft, bedroht oder sich zu Gewalt hinreissen lässt, macht sich ebenfalls strafbar.

Was tun, damit die Kontrolle nicht aus dem Ruder läuft?

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  • Ruhe bewahren und Ausweis verlangen: Versuchen Sie, ruhig zu bleiben, wenn Sie von einem Kaufhausdetektiv oder von einem Angestellten einer Sicherheitsfirma angesprochen werden. Verlangen Sie seinen Ausweis.
  • Begründung verlangen: Sie haben ein Anrecht zu wissen, was man Ihnen vorwirft. Bevor Sie Ihre Personalien angeben, einem Detektiv irgendwohin folgen oder Ihre Taschen öffnen, muss er ihnen darlegen können, was genau er beobachtet hat («ich habe gesehen, wie Sie in der Kosmetikabteilung eine Schachtel in Ihrem Mantel haben verschwinden lassen»). Diffuse Verdächtigungen («in einer Abteilung wurde etwas gestohlen») rechtfertigen keine Kontrolle.
  • Aufs Bauchgefühl hören: Wenn Sie nichts zu verbergen haben, spricht im Allgemeinen nichts dagegen, dem Detektiv einen Blick in Ihre Taschen zu gestatten. So tragen Sie zur Beruhigung der Situation bei. Wenn Ihnen aber nicht wohl ist bei der Sache oder Sie Angst haben: Verlangen Sie, dass die Polizei gerufen wird.
  • Entschuldigung verlangen: Beharren Sie auf einer Entschuldigung des Warenhauses, wenn man Sie zu Unrecht angehalten und kontrolliert hat. Kontrollen sind nur zulässig, wenn ein Detektiv oder Mitarbeitende eines Warenhauses einen Dieb in flagranti erwischt hat. Personen dürfen nicht kontrolliert werden, nur weil sie sich angeblich «seltsam» verhalten haben.
  • Daten löschen lassen: Verlangen Sie nach einer Kontrolle, dass man die über Sie gespeicherten Daten löscht und lassen Sie sich die Löschung schriftlich bestätigen. Wurde die Polizei eingeschaltet, dürfen Sie verlangen, dass Ihr Name aus den polizeilichen Akten gelöscht wird.

Ich wurde von der Polizei kontrolliert, über den Vorfall wurde ein Rapport erstellt. Bin ich jetzt bei der Polizei als «verdächtig» registriert? Die Polizei muss jeden Vorfall schriftlich festhalten. Diese Rapporte werden gespeichert. Stellt sich heraus, dass ein Kunde zu Unrecht verdächtigt worden ist, kann er bei der Polizei verlangen, dass sein Name im Rapport gelöscht wird. Das Gleiche gilt für das Warenhaus: Auch dort müssen Kundendaten gelöscht werden, wenn eine Kontrolle den Verdacht nicht bestätigt hat. Videoaufzeichnungen aus Überwachungskameras müssen nach 24 Stunden gelöscht werden.

Radio SRF 1, Espresso, 21.08.2025, 8:10 Uhr

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