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«Das Windschattenfahren will gelernt sein»

Das Rennrad ist der Inbegriff des gesunden Ausdauersports. Was ist so gesund daran und worauf sollten Anfänger achten? «Puls» hat mit Sportmediziner Andreas Gösele gesprochen.

SRF: Es heisst immer, Ausdauersport sei besonders gesund. Was ist denn so gut daran?

Dr. Andreas Gösele: Wer sich regelmässig bewegt, hält seinen Kreislauf in Schwung und beugt damit aktiv vielen Leiden vor, die mit unserer modernen Lebensweise einhergehen. Speziell das Risiko für Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich deutlich verringern. Und selbst auf die Wahrscheinlichkeit von Demenz-Erkrankungen scheint Ausdauersport einen positiven Effekt zu haben.

Was macht das Rennradfahren für Sie zum schönsten Ausdauersport?

Erst einmal finde ich alle Ausdauersportarten empfehlenswert, ob Nordic Walking, Schwimmen, Rudern oder Bergwandern. Entscheidend die sind persönlichen Vorlieben. Mir persönlich bietet der Radsport eine tolle Möglichkeit erstens viele Stunden am Tag Sport zu treiben und dabei viel zu erleben. Ausserdem kann ich Radsport bis ins hohe Alter geniessen. Na ja, bis dahin habe ich ja noch etwas Zeit!

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Dr. Andreas Gösele ist Leiter des Swiss Olympic Medical Centers der crossklinik Basel, Verbandsarzt von Swiss Athletics und Swiss Cycling. Als Teamarzt von Trek Factory Racing betreut er Fabian Cancellara. Als Olympiaarzt der Schweiz war er 2000 bis 2012 im Einsatz. Er ist Dozent am Institut für Sport und Sportwissenschaften der Uni Basel.

Reden wir von den Risiken: Wie gross ist die Verletzungsgefahr auf dem Rennrad?

Verletzen kann man sich in erster Linie durch Stürze. Anfänger müssen sich vor allem an die Klickpedale gewöhnen. Auch das Windschattenfahren will gelernt sein: Wenn man nah am Hinterrad des Vordermanns fährt, ist die Sicht stark eingeschränkt. Der vordere Fahrer sollte dem Nachfolgenden Zeichen geben, bevor er bremst – sonst kann es schnell zur Kollision kommen.

In grossen Gruppen kann und darf man übrigens auch nebeneinander fahren. Die wenigsten Autofahrer wissen, dass dies erlaubt ist. Dabei ist es sinnvoll, da man so die Gruppenlänge auf die Hälfte reduziert.

Und wie steht es um die viel zitierten Rücken- und Nackenschmerzen bei Radsportlern?

Die können tatsächlich ein Resultat der typischen nach vorn gebeugten Sitzhaltung auf einem Rennvelo sein. Die Haltung während des Fahrens zu variieren, kann helfen, zudem gibt es Gymnastikübungen, die gegen Verspannungen im Nacken-, Schulter- und Rückenbereich helfen. Wichtig ist, Symptome ernst zu nehmen. Anfänger sollten zunächst eine eher aufrechte Sitzposition wählen. Mit den Jahren und der Übung kann man sich dann auch sportlicher positionieren.

Apropos Anfänger: Gibt es eine Alterslimite für Radsport-Einsteiger?

Eine Alterslimite gibt es nicht. Das Schöne am Rennradfahren ist eben gerade, dass es sich bis ins hohe Alter ausüben lässt und zudem gelenkschonend ist. Als Anfänger sollte man ein gewisses Koordinationsvermögen und ein gutes Gleichgewicht mitbringen. Wer auf einem normalen Strassenrad regelmässig und sicher fährt, bringt diesbezüglich gute Voraussetzungen mit.

Eine andere Frage ist die angestrebte Intensität: Wer mit der Zeit schneller und grössere Strecken fahren will, sollte zum Beispiel keine schweren Rücken- und Herzprobleme haben. Vorbelastete sollten sich mit ihrem Hausarzt absprechen.

Wie sollen gesunde Einsteiger trainieren?

Um eine gute Basis zu schaffen empfehlen sich zwei bis drei Mal pro Woche 30 bis 50 Kilometer flach und einmal eine Strecke mit Steigung. Tipp: Die Lieblingsrunde auch mal in umgekehrter Richtung fahren!

Wem würden Sie eher zu einem Elektro-Velo als zu einem Rennrad raten?

E-Bikes sind eine gute Alternative für Menschen, die gerne mit dem Fahrrad unterwegs sind, aber nicht die Kondition haben, aus eigener Kraft grössere Strecken zu fahren. Auch auf dem E-Bike muss man allerdings die nötige Sicherheit haben und dem Tempo gewachsen sein, sonst steigt die Unfall- und Verletzungsgefahr.

E-Bikes sind aber auch für geübte Radfahrer eine geniale Ergänzung des Fuhrparks. Gerade wenn man berufstätig ist und das Rad als Verkehrsmittel zum Arbeitsplatz einsetzt. Ein Freundin von uns fährt täglich 50 Kilometer mit dem E-Bike zur Arbeit und zurück. Das würde sie sonst niemals machen!

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