Den Bierduschen auf dem Balkon des Stadions An der Alten Försterei folgte ein Partymarathon bis in die Morgenstunden: Union Berlin darf die goldenen Zwanziger dieses Wochenende ausgiebig feiern. Das Team von Urs Fischer hat mit dem Einzug in die Champions League den bislang grössten Erfolg der Klubgeschichte erzielt.
Exakt vier Jahre nach dem Aufstieg in die Bundesliga gewann der Schweizer Coach mit den Berlinern 1:0 gegen Werder Bremen und löste das Ticket für die Gruppenphase und damit für Traumspiele gegen Manchester City, Barcelona oder PSG.
Das Tor des Tages erzielte Rani Khedira (81.). Fischer und sein Trainerteam lagen sich nach dem Schlusspfiff in den Armen, die Spieler tanzten im Kreis und zogen sich Champions-League-Shirts an. «Wir sind in den goldenen Zwanzigern. Union international – Königsklasse 2023/24» stand auf der Anzeigetafel.
Fischer verzückt ganz Berlin
Es werden die ersten Champions-League-Spiele in der deutschen Hauptstadt seit der Saison 1999/00 sein. Damals trat Hertha in der «Königsklasse» an. «Wat 'ne Saison, da kannste echt nicht meckern», stand auf einem Banner, das die Fans direkt nach dem Schlusspfiff ausrollten und dazu sangen: «So ne Scheisse, Champions League.»
Seit dem Aufstieg im Jahr 2019 beeindruckt die Union mit Fischer in der Bundesliga. Zum dritten Mal in Folge qualifizierte man sich für das internationale Geschäft, jetzt erstmals für die Champions League. Ein riesiger Erfolg für den Verein, der in einem der lautesten, aber auch dem kleinsten Stadion der Liga spielt und beim Budget von der Spitze weit entfernt ist.
In der Hinrunde führten die Köpenicker die Tabelle gar mehrere Wochen an, 62 Punkte bedeuten einen Vereinsrekord in der Bundesliga. Nur nach zwei Runden stand das Team nicht auf einem Champions-League-Platz. Ein Schlüssel zum Erfolg ist die Heimstärke: Seit 23 Spielen verlor Union in der Liga zuhause nicht mehr.
Ich hatte meine Familie und Eltern am Telefon. Toll, sie haben mitgefiebert, mitgelitten und mitgeflucht.
Die beispiellose Saison ist zu grossen Teilen Fischer zu verdanken. Dem 57-Jährigen, der in den letzten Wochen immer auf die Euphorie-Bremse gestanden war und nicht über die «Königsklasse» sprechen wollte, fehlten nun die Worte. «Das kann ich nicht beschreiben. Ich habe im Vorfeld immer von surreal gesprochen. Wahnsinn, was die Mannschaft auch heute wieder geleistet hat.» Auch sein Umfeld feierte mit Fischer: «Ich hatte meine Familie und Eltern am Telefon. Toll, sie haben mitgefiebert, mitgelitten und mitgeflucht. Schön, wenn es am Ende aufgeht.»
Seinem Stil und seinen Werten will Union aber ungeachtet der Erfolge treu bleiben. Die Bodenhaftung soll nicht verloren gehen. «Es wird wichtig sein, dass wir weiter Demut und Bescheidenheit zeigen und uns nicht zu stark verändern», sagte Fischer. Aber erstmal hiess es auch beim Schweizer: In solchen Momenten «soll man nicht viel quatschen, sondern feiern».