Mathias Flückiger will gar nicht mehr gross darüber sprechen. «Für mich ist das schon lange vorbei, ich habe das verarbeitet», sagt der Berner Mountainbiker über den Zwischenfall vor einem Jahr in Lenzerheide.
Es geschah damals im viel zitierten Zauberwald, auf einem Streckenabschnitt fernab der Kameras. Nino Schurter ging als Führender in die Schlussphase des Rennens, dicht im Nacken sass ihm Teamkollege Flückiger, dahinter klaffte eine Lücke. Augenblicke später jubelte jedoch der Italiener Luca Braidot über seinen ersten Weltcupsieg. Flückiger erreichte das Ziel als Dritter, Schurter nur als Vierter – wild fluchend und gestikulierend. Weil die beiden Schweizer im Zauberwald kollidiert waren.
Auch ein Jahr nach der Eskalation in der Rivalität zwischen Schurter und Flückiger steht Aussage gegen Aussage. Flückiger habe ihn an einer unmöglichen Stelle «abgeräumt», monierte Schurter im Nachgang. «Es war ein Sturz und fertig», sagt Flückiger nun erneut. Und: «Das ist eigentlich abgeschlossen für alle.»
Der 34-Jährige hatte in den letzten Monaten sowieso andere Sorgen. Wenige Wochen nach dem Zwischenfall wurde er aufgrund eines vermeintlich positiven Dopingtests aus dem Verkehr gezogen und war vorübergehend komplett weg vom Fenster. In einer Urinprobe wurden geringe Spuren der verbotenen Substanz Zeranol nachgewiesen, eines aus der Viehzucht bekannten und in der Sportwelt nicht verbreiteten Anabolikums.
In Loch gefallen nach Sperre
Während Schurter nach einer Baisse wieder ganz vorne mitmischte, nach fast dreijährigem Warten den prestigeträchtigen 33. Weltcupsieg einfuhr, den zehnten WM-Titel und einen weiteren Gesamtweltcup errang, fiel Flückiger in ein tiefes Loch.
Der (ungerechtfertigte?) Stempel des Dopers setzte ihm zu. Als er von der positiven Probe erfuhr, erlitt der Olympia-Zweite so etwas wie einen Nervenzusammenbruch. Er brauchte professionelle Hilfe. Er getraute sich eine Zeit lang kaum mehr aus dem Haus, geschweige denn in die Öffentlichkeit.
Kein Interesse an erneutem Eklat
Vor drei Monaten wurde die provisorische Sperre aufgrund der geringen nachgewiesenen Menge dann aufgehoben, der Fall liegt seither wieder bei Swiss Sports Integrity (SSI), ist also noch nicht abgeschlossen. Flückiger feierte bereits wieder Erfolge in der nationalen Bike-Serie und an Schweizer Meisterschaften.
In Lenzerheide gehören Schurter und Flückiger, der jedoch mit einer Daumenverletzung kämpft, wieder zu den Siegesanwärtern. Am Sonntag steigt das Hauptrennen, Lust auf den Sieg haben beide. Für Schurter wäre es der 34. Weltcupsieg, mit dem er zum alleinigen Rekordhalter würde, für Flückiger der erste im Weltcup nach der Doping-Affäre. Interesse an einem erneuten Eklat hat keiner der beiden.