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20 Jahre nach Karin Thürig Reusser: «Es ist schon speziell, wenn es dann wirklich passiert»

Im WM-Zeitfahren in Kigali hat bei Marlen Reusser endlich alles zusammengepasst. Es ist das Resultat jahrelanger Arbeit.

Als Marlen Reusser in Kigali die Ziellinie überquert hatte, musste ihr Betreuer-Team ihr vom Rad helfen. Die Bernerin war komplett leer. «Ich dachte bei anderen immer, das ist Show. Aber man musste mir wirklich vom Velo helfen. Ich habe mich in einem Zeitfahren noch nie so abgeschossen», sagte die frischgebackene Weltmeisterin.

Reusser ist nach Karin Thürig erst die zweite Schweizer Weltmeisterin. Die Luzernerin hatte 2004 in Verona und ein Jahr später in Madrid triumphiert.

Steiler Aufstieg und Tiefpunkt in Glasgow

Im Zeitfahren gehört Reusser seit Jahren zu den Besten. Dies hat sie immer wieder unter Beweis gestellt: Olympia-Silber, EM-Gold, Siege auf höchstem Niveau – die Beziehung zu Weltmeisterschaften war jedoch stets etwas kompliziert.

2020 kam ihr Silbergewinn an der WM in Imola noch einer kleinen Sensation gleich. Noch 2018 hatte die Bernerin halbtags als Notfallärztin gearbeitet. Ein Jahr später in Flandern hatte man Reusser auf der Rechnung. Damals verpasste sie Gold nur um 10 Sekunden. Wiederum ein Jahr später in Australien holte die Quereinsteigerin Bronze, nachdem ihr der technische Parcours nicht unbedingt entgegengekommen war.

Ich war seit Tagen so angespannt und nervös, ich kannte mich selbst fast nicht.
Autor: Marlen Reusser

Vor zwei Jahren folgte dann so etwas wie eine Zäsur: An den Titelkämpfen in Glasgow beendete Reusser das Rennen wegen mentaler Erschöpfung nicht. Die Heim-WM in Zürich verpasste sie wegen einer Long-Covid-Erkrankung, die sie monatelang ausbremste.

Alle Puzzleteile beisammen

Was danach folgte, war so etwas wie ein Neustart. Reusser erholte sich nicht nur gesundheitlich, sondern wechselte auf diese Saison hin auch das Team. Für sie ein entscheidendes Puzzleteil. «Ich habe im Spital gearbeitet. Und es macht einen Unterschied, mit wem du täglich arbeitest, was es für eine Atmosphäre ist», so die 34-Jährige.

Das überwiegende Gefühl der Schweizerin war denn auch Dankbarkeit – gegenüber ihrem Movistar-Team, Swiss Cycling und nicht zuletzt gegenüber ihrem Umfeld. «Wir haben mit so viel Leidenschaft auf das hingearbeitet. Das Team hat so viele Opfer gebracht. Wir richten unser Leben darauf aus. Es ist schon speziell, wenn es dann wirklich passiert», ordnete sie ihren Triumph ein. In diesem Jahr habe «viel geklickt».

Weitere Medaillenchancen

Noch sind die Titelkämpfe in Ruanda für Reusser nicht vorbei. In den kommenden Tagen tritt sie noch im Mixed-Zeitfahren an, in dem das Schweizer Team vor zwei Jahren den Titel geholt hat. Zum Abschluss bestreitet sie auch noch das Strassenrennen.

Den grössten Erfolg ihrer Karriere wird Reusser dennoch auskosten. «Heute wird gefeiert. Ich war seit Tagen so angespannt und nervös, ich kannte mich selbst fast nicht. Es ist gut, das jetzt einmal wegzutrinken», sagte eine gelöste Reusser.

SRF info, sportlive, 21.09.2025, 11:00 Uhr ; 

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