Man lernt es meist schon in der Schule: Merkur, Venus, Erde und Mars, diese vier sonnennahen Planeten bestehen aus hartem Gestein; weiter weg von der Sonne kreisen mit Jupiter und Saturn zwei Gasriesen. Und ganz aussen ziehen Uranus und Neptun ihre Bahnen, zwei Planeten, rund viermal so gross wie die Erde und fast ganz aus Eis.
Diesen vertrauten Blick auf unser Sonnensystem hinterfragt nun aber eine neue Studie im Forschungsmagazin «Astronomy & Astrophysics»: Ravid Helled und Luca Morf von der Universität Zürich schreiben darin, die Planeten Uranus und Neptun seien wohl eher keine Eisriesen, sondern sie könnten zu einem recht grossen Teil aus Gestein bestehen.
Gesteinsanteile von über 50 Prozent möglich
Ganz ohne Gestein hat man sich den Uranus und Neptun zwar auch bisher nicht vorgestellt: Die meisten Annahmen gehen von einem kleinen Gesteins-Kern aus. Den neuen Berechnungen zufolge sind für Neptun jedoch Gesteinsanteile von – je nach Berechnungsvariante – über 50 Prozent möglich, für Uranus sogar von über 60 Prozent.
Damit könnte man unsere zwei äussersten Planeten getrost als Gesteinsplaneten bezeichnen, auch wenn sie immer noch eine dicke Eishülle haben. «Unser Team hatte dies schon vor 15 Jahren vermutet, nun können wir es auch rechnerisch belegen», sagt Ravit Helled.
Doch wie aussagekräftig ist dieser Beweis? Die Forschenden stützen sich auf ein neues Modell, das sie im Rahmen eines Nationalen Forschungsschwerpunkts (NCCR PlanetS) eigens für ihre Zwecke entwickelt haben. Dessen Ergebnisse basieren auf weniger Annahmen als andere Modelle. Und sie passen auch gut zum neueren Befund, dass der Zwergplanet Pluto – noch weiter draussen – überwiegend aus Gestein zusammengesetzt ist.
Zu wenige Beobachtungsdaten
Dennoch bleibt auch bei den neuen, sorgfältigen Berechnungen eine Unschärfe. Zu Uranus und Neptun existieren nämlich vergleichsweise wenige empirische Daten, die man den Modellen einfüttern kann. Im Wesentlichen stammen diese Daten von einer der legendären US-Voyager-Raumsonden. Vor rund 40 Jahren hat «Voyager 2» die Eis- beziehungsweise Gesteinsriesen im Vorbeifliegen untersucht.
Es bräuchte eine neue Raumfahrtmission zu Uranus und Neptun, um besser abgestützte Erkenntnisse zu gewinnen, sagt Ravid Helled. Eine solche Mission könnte es unter Führung der US-amerikanischen Nasa in den 2030er-Jahren mitunter tatsächlich geben. Planetenforscherinnen wie Ravid Helled bleiben diesbezüglich optimistisch, auch wenn heute noch nichts beschlossen ist. Was hingegen schon jetzt feststeht: Sie werden sich gedulden müssen. Denn ein Flug zu den beiden äussersten Planeten dauert mit heutigen Raumsonden zehn bis zwanzig Jahre.