Am 8. Mai wählte das grösste Konklave aller Zeiten einen pan-amerikanischen Ordensmann zum Papst. Am Sonntag erhält er nun in der feierlichen Messe den päpstlichen Fischerring und das Pallium. Viele erhoffen sich von ihm Frieden und Versöhnung, auch innerhalb der Kirche. Alles zur Amtseinführung und zur Haltung Leo XIV. im Überblick.
Was geschieht bei der Amtseinführungs-Messe?
Bei der Predigt von Leo XIV. lohnt es sich, die Ohren zu spitzen. Anders als das 50-seitige «Libretto» – so heisst das Messbuch tatsächlich – wird seine Predigt erst sonntagfrüh bekannt: Sie ist eine Art Regierungsprogramm. Dem müssen hunderte Staatsoberhäupter – gewählte und gekrönte – zuhören. An Papst Franziskus’ Abschiedsmesse gelang die kirchliche Diplomatie: Erstmals redeten US-Präsident Trump und der ukrainische Präsident Selenski ruhig miteinander. Wird Papst Leo XIV. bei der Inaugurations-Feier auch US-Vizepräsident Vance Nächstenliebe lehren? Das hoffen viele. Eine prächtige Messe mit viel Symbolik wird es ohnehin.
Wie politisch ist der neue Papst?
Schon die Bibel versteht «Frieden» ganzheitlich. Papst Leo XIV. orientiert sich am «Arbeiterpapst» Leo XIII. Der kritisierte den Kapitalismus und setzte die kirchliche Soziallehre dagegen. Schon als Kardinal Prevost mahnte der Papst US-Vizepräsident JD Vance: Nächstenliebe höre nicht vor der eigenen Haustür auf. Ein solches päpstliches Statement gegen Nationalismus, Rassismus und Egoismus steht auch Sonntag zu erwarten. Die römisch-katholische Kirche wird sich in all ihrer multikulturellen Pracht zeigen, die übernational ist.
Was sagt Papst Leo zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch?
Dazu sprach er bis dato keinen Klartext. Er sagte nur, dass er den «synodalen» Weg weitergehen wolle: also mehr Mitsprache aller Getauften und mehr innerkirchlichen Dialog. Er möchte das Zuhören kultivieren innerhalb der Kirche, aber auch in der politischen Welt. Dazu passt das Plädoyer des Papstes für freien Journalismus. Auch das ist ein Seitenhieb auf die Einschränkung von Pressefreiheit und Wissenschaft in den USA und anderen Staaten. Papst Leo kritisiert Hate Speech in den sozialen Medien und mangelnde Dialogfähigkeit. Diese Kritik trifft viele Herrschende, die Sonntag herausgeputzt auf dem Petersplatz sitzen.
Die Kommentare betonen die Kontinuität von Papst Franziskus und Leo XIV. – Was wird anders?
Wir werden wieder etwas mehr Gold und Glamour sehen. Wichtiger: Anders als Franziskus wählt Papst Leo jedes Wort mit Bedacht. Demonstrativ liest er alles ab. Will sagen: Meine Worte sind genau überlegt und verlässlich. Sein Plus: Er geniesst allseits Respekt, auch bei sehr Konservativen. Er will Einheit in diese gespaltene Kirche bringen.
Was macht Papst Leo XIV. zum «richtigen» Papst für unsere Zeit?
Er ist selbst «Migrant», er ist besonnen, klug, kann integrieren, kommuniziert gewaltfrei. Er kennt die Welt und die Weltkirche. Sie wird auch in der Messe vielsprachig zu Wort kommen: von Spanisch über Chinesisch bis Arabisch.
Wird es unter Leo XIV. in der römisch-katholischen Kirche mehr Gleichberechtigung geben?
Papst Leo XIV. vertritt traditionelle Genderbilder. Regenbogen-Familien kann er nicht als «Familien» wertschätzen. Er wird zwar weiter Macht mit Frauen und nicht geweihten Männern teilen. Vielleicht bewegt er etwas für die Ordensfrauen. Äbtissinnen zum Beispiel könnten mehr mitbestimmen im Vatikan. – Aber die Frauenpriesterweihe bleibt ausgeschlossen.