Zum Inhalt springen

«Agenten-Gesetz» Georgien: Präsidentin bedauert umstrittenen Gesetzesentwurf

In Georgien stehe ein neuer, von Russland inspirierter Gesetzesentwurf in völligem Widerspruch zu den Ambitionen des Landes, der EU oder der Nato beizutreten, bedauert die Präsidentin.

Die Spannungen in Georgien sind gross. Kürzlich hat das Parlament über einen umstrittenen Gesetzesentwurf abgestimmt. Der Text, der direkt von einem russischen Gesetz inspiriert wurde, stehe in völligem Widerspruch zu den Ambitionen des Landes, der EU oder der Nato beizutreten, bedauert Präsidentin Salome Surabischwili im Interview mit dem Westschweizer Fernsehen RTS.

Die georgischen Abgeordneten haben am Dienstag in letzter Lesung für das Gesetz über «ausländische Einmischung» gestimmt, das auf einem russischen Gesetz zur Unterdrückung der Opposition beruht.

Die Demonstrationen gegen das Gesetz, das sich gegen Medien und NGOs richtet, die ausländische Gelder erhalten, dauern bereits seit über einem Monat an.

Seit dem Krieg 2008 besetzt Russland zwanzig Prozent des georgischen Territoriums und hat es nicht geschafft, die georgische Bevölkerung von ihrer europäischen Überzeugung abzubringen.
Autor: Salome Surabischwili Präsidentin Georgiens

Für Präsidentin Salome Surabischwili sind diese Demonstrationen ein Beweis für die Entschlossenheit der georgischen Bevölkerung, sich der EU anzunähern. «Seit dem Krieg 2008 besetzt Russland zwanzig Prozent der georgischen Gebiete und das hat nicht dazu beigetragen, die georgische Bevölkerung von ihrer europäischen Überzeugung abzubringen.»

EU- und Nato-Mitgliedschaft infrage gestellt

Die Nato, die Europäische Kommission und die Vereinten Nationen verurteilten am Mittwoch den Gesetzesentwurf, da er den Bestrebungen des Kaukasuslandes, der EU und der Atlantischen Allianz beizutreten, zuwiderlaufe.

Der Chefdiplomat der EU, Josep Borrell, forderte Georgien im Namen der Europäischen Kommission auf, das Gesetz «zurückzuziehen», da es gegen die «Werte» und «grundlegenden Normen» der EU verstosse. Die Abstimmung habe «negative Auswirkungen» auf den EU-Beitrittsprozess des Staates, betonte er in einer Erklärung.

Richtungswechsel

Salome Surabischwili, eine Pro-Europäerin, die in einem offenen Konflikt mit der Regierung steht, kann die Kehrtwende der Abgeordneten nur schwer verstehen: «Es gibt eine Art antiwestliche und antieuropäische Paranoia, die überhaupt nicht zu dem Stadium, in dem sich Georgien befindet, und zu den Hoffnungen der gesamten Bevölkerung auf diese europäische Perspektive passt.»

Sie ist sicher, dass eine grosse Mehrheit der georgischen Bevölkerung eine Annäherung an Europa wünsche. «Die jüngsten Umfragen zeigen, dass 85 Prozent der georgischen Bevölkerung in ihrer Wahl entschlossen sind», sagt sie.

Surabischwili bedauert, dass die Mehrheit der Abgeordneten, die «die Priorität der europäischen Integration und der euroatlantischen Integration in der Verfassung verankern» liessen, heute die Richtung gewechselt haben. Sie hat bereits angekündigt, ihr Veto gegen das neue Gesetz einlegen zu wollen, doch die Regierungspartei «Georgischer Traum» versichert, dass sie über genügend Stimmen im Parlament verfüge, um sie zu überstimmen.

Blick über die Sprachgrenzen

Box aufklappen Box zuklappen

Dieser Artikel erschien im Original beim Westschweizer Fernsehen RTS auf Französisch und wurde durch die «dialog»-Redaktion übersetzt. Den ursprünglichen Artikel können Sie auf RTS nachlesen.

«dialog»  ist ein Angebot der SRG, das mit Debatten und dem Austausch von Inhalten Brücken baut zwischen Menschen in allen Sprachregionen sowie Schweizerinnen und Schweizern im Ausland.

RTS, 15.05.2024, 19:30 Uhr;kobt

Meistgelesene Artikel