Es ist ein bis jetzt einzigartiges Projekt, das die Regierung von Luxemburg durchführen möchte: Innerhalb weniger Monate sollen die über 630'000 Bürgerinnen und Bürger sowie die 200'000 Grenzpendler aus Deutschland, Frankreich und Belgien freiwillig auf das Coronavirus getestet werden.
Die grossflächigen Tests kosten rund 40 Millionen Euro, die aus dem Budget der Hochschulbildung bezahlt werden. Es sei ein ambitioniertes Projekt, sagte die Gesundheitsministerin Paulette Lenert an einer Pressekonferenz Ende April. Kein anderes Land bringe so etwas hin.
Schrittweiser Beginn
Eigentlich sollten ab gestern Dienstag täglich rund 20'000 Personen an 17 Teststationen zu Fuss oder mit dem Auto vorbeigehen können. Weil aber noch zu wenig Testkapazitäten vorhanden sind und noch zu wenig Personal rekrutiert werden konnte, begann das Grossherzogtum nur schrittweise mit den Tests. Alle Testkapazitäten sollten dann ab Juni verfügbar sein.
Luxemburg hatte zu Beginn der Coronakrise eine hohe Anzahl infizierter Bürgerinnen und Bürger, testete aber auch von Anfang an viele Personen. Im Grossherzogtum haben sich 3958 Personen bis jetzt mit dem Coronavirus infiziert, und es gab 109 Corona-Opfer.
Rückverfolgung der Kontakte
Momentan sind die Infektionszahlen tief. Damit das so bleibt und es nicht zu einer zweiten Welle kommt, soll die Situation mit diesem «Large-Scale-Testing» möglichst genau überwacht werden können.
Für diese sogenannten PCR-Schnelltests bildet die Regierung unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Die Mitglieder einer solchen Gruppe werden zum Test eingeladen und können freiwillig daran teilnehmen. Die Strategie ist es, all jene Personen einer Gruppe zu isolieren, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben.
Andere werden wiederholt getestet. Bei den positiv getesteten Personen werden zudem die Kontakte zurückverfolgt. So könne man einen erneuten Anstieg des Infektionsrisikos innerhalb einer Gruppe mindern, sagt Professor Ulf Nehrbass, Sprecher der «Covid-19 Task Force».
Asymptomatische Personen erkennen
Ein weiteres Ziel dieser Teststrategie ist es, auch sogenannte asymptomatische Personen zu entdecken. Während der Anfangsphase der Coronakrise wurden jene Personen positiv auf das Virus getestet, die bereits Symptome hatten. «Diese neuen PCR-Tests sind aber sensibel genug, um auch jene Personen positiv zu testen, die keine Symptome zeigen», erklärt Ulf Nehrbass. «Wenn wir in der Lage sind, asymptomatisch positive Menschen ständig aus dem Gesellschaftsgeschehen zu entziehen, wird es eine geringere Anzahl an Ansteckungsketten geben.»
Ziel: weniger Infektionsketten
Während der Phase der Lockerungsmassnahmen sei es besonders wichtig zu wissen, wo neue Infektionsketten entstehen würden, da sich die Menschen wieder mehr begegneten und die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung höher sei als vor ein paar Wochen.
Nur wenn es weniger Infektionsketten gibt, kann eine zweite Corona-Welle verhindert werden oder zumindest weniger intensiv ausfallen. Die Strategie der grossflächigen Tests könnte also bei gutem Verlauf die Corona-Massnahmen Schritt für Schritt lockern und den Menschen die Freiheiten des öffentlichen Lebens zurückgeben.