Vielen wird 2025 als ein Jahr voller Kriege und Konflikte in Erinnerung bleiben. Aber auch als eines, in dem viel über Frieden verhandelt wurde. So haben sich in den letzten paar Tagen des Jahres der ukrainische Präsident Selenski und US-Präsident Donald Trump getroffen, um über den Friedensplan für die Ukraine zu sprechen – ohne konkrete Ergebnisse. Was braucht es, dass «Frieden» im neuen Jahr mehr als nur ein Wort bleibt? Sebastian Ramspeck, Korrespondent für Diplomatie, gibt Antwort.
Was haben die ganzen Friedensverhandlungen 2025 gebracht?
Ein paar konkrete Ergebnisse hat es gegeben: die Waffenruhe in Gaza, die Waffenruhen zwischen Indien und Pakistan oder Thailand und Kambodscha. Bei Friedensbemühungen wird heute oft ein «Quick Fix» erwartet, man will schnell einen Deal. Insbesondere, wenn der Vermittler Donald Trump heisst. Das kann funktionieren und zu einer Waffenruhe führen. Die eigentlichen Ursachen und Probleme bleiben damit aber ungelöst, es gibt keine echten Kompromisse, die zu einer wirklich langfristigen Lösung führen.
Könnte es 2026 mehr Frieden geben?
Das ist zu bezweifeln. Es gibt zu viele Interessen, die aufeinanderprallen. Die Welt dürfte erst friedlicher werden, wenn das internationale System stabiler wird. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten stetig verändert und tut das auch jetzt gerade wieder.
In welcher Phase der Geschichte befinden wir uns heute?
Lange gab es die zwei Supermächte USA und Sowjetunion. Die haben die Welt untereinander aufgeteilt und innerhalb ihrer Einflusszonen möglichst Kriege verhindert. Danach folgten knapp 20 Jahre, in denen sich die USA als Weltpolizist verstanden und eine Ordnung im eigenen Sinne durchsetzten. Zahlenmässig gab es damals weniger Kriege als heute. Seit etwa 2007 sind wir in einer Übergangsphase. Die globalen Machtverhältnisse verschieben sich – vom Westen in Richtung Osten und Süden. Nach China, Indien oder Saudi-Arabien. Diese Staaten sind mächtiger und selbstbewusster geworden. Die Einflusszonen werden neu abgesteckt, das sorgt für Spannungen. Man muss darum davon ausgehen, dass die nächsten Jahre ähnlich kriegerisch sein werden wie die vergangenen.
Wie hat sich die Entstehung von Kriegen verändert?
Vor 200 Jahren war es noch vergleichsweise simpel: Ein Staat hat einem anderen Staat den Krieg erklärt – schriftlich. Oft ging es um Gebietseroberungen: Es gab ein paar grosse Schlachten, und oft stand schon nach ein paar Monaten oder sogar nur nach Wochen fest, wer der Sieger ist und das Gebiet bekommt. Kriegserklärungen werden heute nicht mehr abgegeben. Viele Kriege beginnen niederschwellig und eskalieren mit der Zeit. Aber auch der Krieg als Konflikt zwischen zwei Staaten ist heute die Ausnahme.
Inwiefern hat sich der Charakter von Kriegen verändert?
Früher betrachtete man Krieg als ein legales Mittel, um die Interessen eines Staats durchzusetzen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 mit der Gründung der UNO wurde Krieg im Grundsatz auf der ganzen Welt verboten. Aber es ist ein bisschen wie mit dem Tempolimit auf der Autobahn: Längst nicht alle halten sich an diese Verpflichtung. Die allermeisten heutigen Kriege spielen sich zwischen einem Staat und einer nicht staatlichen Gruppierung ab oder zwischen solchen Gruppen: Bürgerkriege, Terrorkriege oder Drogenkriege. Das macht die Konflikte komplizierter und auch langwieriger. Darum ist es heute fast normal, dass ein Krieg viele Jahre dauert.