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Biden in Irland und Nordirland Der US-Präsident besucht die Heimat seiner Vorfahren

Offizieller Grund für Bidens Reise ist das Jubiläum des Karfreitags-Friedensabkommens für Nordirland. Der Frieden ist brüchig.

Darum geht es: US-Präsident Joe Biden besucht diese Woche Irland und Nordirland. Heute Abend trifft er im nordirischen Belfast zum 25-Jahr-Jubiläum des Karfreitagsabkommens ein. Dieses beendete den jahrelangen Bürgerkrieg zwischen Protestanten, die für die Union Nordirlands mit Grossbritannien kämpften, und Katholiken, die eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland anstrebten. Die USA unter Präsident Bill Clinton hatten das Friedensabkommen 1998 vermittelt und garantiert.

So ist die Stimmung in Nordirland: «Belfast hat sich längst in eine Festung verwandelt», sagt SRF-Korrespondent Patrik Wülser. In den letzten Tagen kam es zu mehreren gewalttätigen Zwischenfällen und Ausschreitungen in Nordirland, deshalb hat die Polizei laut eigenen Angaben das grösste Sicherheitsaufgebot der letzten 20 Jahre mobilisiert. «Es ist nicht unbedingt die Kulisse eines Friedensjubiläums», stellt Wülser fest.

Zwar explodieren in Nordirland keine Bomben mehr, doch der Weg zur Versöhnung ist noch lang.
Autor: Patrik Wülser SRF-Korrespondent in London

Das ist die Rolle der USA: Die USA hatten einen nicht unwesentlichen Anteil daran, dass es 1998 zu einem Friedensabkommen zwischen London-treuen Unionisten und den Irisch-Republikanern – sie streben eine Loslösung von Grossbritannien und Vereinigung mit der Republik Irland an –, kam. Moderiert wurden die Verhandlungen vom damaligen US-Senator George Mitchell und dem britischen Ex-Premier Tony Blair. Dabei soll sich per Telefon auch der damalige US-Präsident Bill Clinton vor allem in der Schlussphase der Gespräche immer wieder zugeschaltet haben. «Viele Amerikaner haben irische Wurzeln und Vorfahren, deshalb sind sie am Schicksal ihrer Ahnen interessiert», so Wülser.

Bidens Vorfahren kamen aus Irland

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Joe Biden.
Legende: Reuters

Joe Biden hat nie einen Hehl aus seiner Liebe zur Grünen Insel gemacht. Bei einem Besuch im Jahr 2016, damals noch als US-Vizepräsident, sagte er, das Land sei ihm «in die Seele eingeschrieben». Den Stolz und die Zuneigung für die Heimat seiner Vorfahren verband er aber auch mit Hochachtung für deren Mut, alles für ein besseres Leben in der Neuen Welt zurückzulassen. Eine Verneigung vor den heutzutage oft nicht gern gesehenen Wirtschafts-Migranten. 

Irland wurde zur Mitte des 19. Jahrhunderts von einer Hungerkatastrophe heimgesucht, die schätzungsweise eine Million Menschen das Leben kostete und nochmal so viele zur Auswanderung trieb. Hintergrund war die Kartoffelfäule, eine Pflanzenseuche, die mehrere Ernten hintereinander verdarb und das wichtigste Nahrungsmittel des Landes ungeniessbar machte. (dpa)

Schirmherrschaft weitergeführt: Das Schicksal der Grünen Insel interessiert in Washington nach wie vor, das habe man etwa während des Brexits gesehen. «Das Scheidungsdrama hat den Frieden ziemlich strapaziert – und es war die Administration im Weissen Haus, welche die britische Regierung immer wieder ermahnte, den Frieden zu schützen», so Korrespondent Wülser. Biden zeige denn auch klar, wo für ihn die politischen Prioritäten liegen: «Er besucht jetzt Belfast und die Republik Irland, doch für die Krönung von König Charles hat er sich abgemeldet.»

So steht es um den Frieden: Seit fast einem Jahr gibt es weder ein funktionierendes Parlament noch eine Regierung in Nordirland. Die London-treuen Unionisten boykottieren die Regierungsbildung – aus Frustration über das Nordirland-Protokoll, welches das Verhältnis mit der EU regelt. Biden wird denn auch nicht vor einem Geisterparlament auftreten, sondern einen Uni-Campus eröffnen. «Das alles zeigt: Zwar explodieren in Nordirland keine Bomben mehr, doch der Weg zur Versöhnung ist noch lang», so Wülser.

Echo der Zeit, 11.04.2023, 18:00 Uhr ; 

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