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Brasilien am WEF «Das Agrarministerium will möglichst viel Regenwald abholzen»

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro besucht das WEF. Das gibt Nichtregierungsorganisationen die Gelegenheit, auf die Folgen seiner Politik aufmerksam zu machen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (gfbv) schätzt die Ansätze als katastrophal ein.

Christoph Wiedmer

Co-Geschäftsleiter der Stiftung für bedrohte Völker

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Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist eine unabhängige Stimme für Minderheiten und indigene Völker. Sie setzt sich für die Menschenrechte von Minderheiten ein.

SRF News: Ist es wirklich Sache der Schweiz, sich in Brasilien einzumischen?

Christoph Wiedmer: Die Auswirkungen des Klimawandels sind eine weltweite Bedrohung. Die Abholzung des Amazonas hätte fürchterliche Konsequenzen. Deshalb verlangen wir erst recht, dass die Schweiz konsequent auch Klimapolitik macht, und zwar mit Menschenrechtspolitik. Die Schweiz sollte sagen: Uns ist es nicht egal, wie Brasilien mit den Indigenen umgeht.

Sie befürchten, dass Bolsonaro die Rechte der Indigenen massiv einschränken wird. Warum machen Sie sich solche Sorgen?

Seit er im Amt ist hat er schon die Entscheidungsgewalt, ob neue Gebiete als Schutzterritorien ausgewiesen werden, vom Justizministerium zum Agrarministerium verschoben. Und das Agrarministerium hat das grösste Interesse daran, so viel Wald wie möglich abzuholzen. So wird der Bock zum Gärtner gemacht.

Das sind deutliche politische Zeichen, die in die Richtung gehen, die Rechte der Indigenen abzubauen und den Amazonas zu nutzen.

Abgesehen von dieser Kompetenzverschiebung hat Bolsonaro bis jetzt keine weiteren Taten folgen lassen. Malen Sie da den Teufel an die Wand?

Nein, die Äusserungen, die er vor und nach der Wahl gemacht hat, sind klar. Es war eine seiner ersten Handlungen, dass die Indigenenreservate nicht mehr vom Justizministerium begutachtet werden sollen. Das sind deutliche politische Zeichen, die in die Richtung gehen, indigenen Rechte abzubauen und den Amazonas zu nutzen.

Aber auch Bolsonaro muss Koalitionen bilden, um seine Politik durchzubringen. Kann man nicht davon ausgehen, dass allzu radikale Lösungen gar nicht durchkommen werden?

Hoffen wir, dass Sie Recht haben. Das ist im Moment unsere Tendenz, dass wir versuchen, mit all den verschiedenen Interessensgruppen zusammenzuarbeiten und nicht nur die indigene Politik isoliert anzuschauen. Es ist auch so, dass sich viele Industrien und Firmen überlegen, ob sie in ein Gebiet investieren wollen, wo es Konflikte mit den Indigenen gibt. Denn ihre Investitionen könnten dort gefährdet sein.

Wir versuchen, die Wirtschaft als Partner zu behandeln, und nicht nur als Gegner.

Insofern versuchen wir, die Wirtschaft als Partner zu behandeln und nicht nur als Gegner. Das Ziel ist, dass genügend Druck auf die Regierung Bolsonaro entsteht, dass er seine antiindigene Politik nicht durchsetzt.

Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.

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