Ruanda sei für Asylsuchende kein sicheres Drittland, sagen die Richterinnen und Richter des Appellationshofs in Grossbritannien.
Damit meinen sie nicht die durchzogene Bilanz des ostafrikanischen Landes in Sachen Menschenrechte. Aber sie zweifeln daran, ob die Regierung in Kigali den Asylsuchenden ein Verfahren garantieren kann, das dem Völkerrecht genügt.
Damit scheitert vorderhand ein weiteres abenteuerliches Projekt der britischen Regierung, die illegale Migration in den Griff zu bekommen: Menschen aus Albanien, Syrien oder Afghanistan dürfen nicht nach Afrika deportiert werden.
Ausschaffung kostet immens viel Geld
Die kleinen Boote auf dem Ärmelkanal sind für die konservative Wählerschaft ein grosses Ärgernis. Allein in diesem Jahr sind gut 11'000 Menschen an der englischen Küste angekommen. Die Überfahrt ist gefährlich und illegal. Die kleinen Boote zu stoppen, ist eines der fünf Wahlversprechen von Premierminister Rishi Sunak.
An den kleinen Booten haben sich schon einige Ministerinnen und Minister abgearbeitet. An abschreckenden Ideen hat es ihnen dabei nie gefehlt: Internierung in geschlossenen Lagern, Unterbringung auf ausrangierten Ölplattformen oder eben Deportation nach Afrika. Koste, was es wolle.
Diese Woche wurde bekannt, dass die Ausschaffung nach Ruanda pro Person, knapp 200'000 Franken kostet. Massiv mehr, als die Unterbringung in Grossbritannien.
Als gäbe es keine dringenderen Probleme
Dies in einer Zeit, in der massiv steigende Hypothekarzinsen Zehntausende von Hauseigentümern an ihre finanziellen Grenzen treibt, man im maroden staatlichen Gesundheitssystem Monate auf einen Zahnarzttermin wartet und die grösste private Wasserfirma in diesen Tagen vor dem finanziellen Kollaps steht.
Dies sind die wahren Zumutungen der Britinnen und Briten im Alltag. Die Idee, Migrantinnen und Migranten um jeden Preis nach Afrika zu deportieren, illustriert deshalb eine Politik, bei der es in erster Linie um Symbolik geht und weniger um das Funktionieren der Dinge.