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Chinesischer Volkskongress Peking rechnet 2024 mit fünf Prozent Wachstum

Chinas Wirtschaft ist angeschlagen. Trotzdem plant die Regierung kein Konjunkturpaket. Sie setzt auf nachhaltige Industrien und Technik.

Darum geht es: In Peking haben sich fast 2900 Delegierte zum Nationalen Volkskongress versammelt. Eine Woche lang werden sie Pläne und Gesetze der Zentralregierung abnicken. Wie üblich eröffnete der Premierminister mit seinem Arbeitsrapport das alljährliche Polit-Spektakel der kommunistischen Partei. Li Qiang präsentierte das Wachstumsziel für die chinesische Wirtschaft: Fünf Prozent im laufenden Jahr. Für chinesische Verhältnisse ist das ein bescheidenes Ziel – es entspricht angesichts der angeschlagenen Wirtschaft allerdings den Erwartungen. «Es wird nicht einfach sein, die diesjährigen Ziele zu erreichen», sagte er. Man müsse «hart arbeiten» und auf allen Seiten an einem Strang ziehen.

Die Ankündigungen Lis sind noch keine konkreten Stützungspakete für die Wirtschaft.
Autor: Samuel Emch Chinakorrespondent von Radio SRF

Wirtschaft läuft schlecht: In der chinesischen Wirtschaft gibt es Baustellen zuhauf: Es herrscht eine Immobilienkrise, ausländische Firmen investierten letztes Jahr so wenig in China wie seit Jahrzehnten nicht mehr, ausserdem ist die eigene Bevölkerung nach wie vor zurückhaltend beim Konsum. Zudem gerät Chinas Position als Fabrik der Welt durch geopolitische Spannungen zunehmend unter Druck. Deshalb will Peking aktiv in neue und Zukunftsindustrien investieren. Explizit nannte Li etwa die Elektromobilität.

Zwiespältige Signale: Angesichts der Wirtschaftskrise hatten sich Unternehmerinnen und Unternehmer wichtige Signale vom Volkskongress erhofft. Doch die Signale der Regierung sind bestenfalls zwiespältig: Zwar bezeichneten Beobachter das Wachstumsziel von rund fünf Prozent als durchaus ambitioniert. Auch gibt es Anzeichen, dass Peking dem krisengeschüttelten Immobilienmarkt stärker unter die Arme greifen will. Allerdings: «Die Ankündigungen Lis sind noch keine konkreten Stützungspakete für die Wirtschaft», sagt SRF-Chinakorrespondent Samuel Emch.

Millionen neue Jobs sollen entstehen

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Li und Xi.
Legende: Staats- und Parteichef Xi Jinping (links) und Premier Li Qiang im Volkskongress. Reuters/Tingshu Wang

Premier Li Qiang kündigte im Volkskongress auch die Schaffung von mehr als zwölf Millionen neuen Arbeitsplätzen in den Städten an. Ausserdem strebt die Regierung wie im Vorjahr eine Arbeitslosenquote von rund 5.5 Prozent an. Die Inflation soll bei rund drei Prozent liegen, so die Pläne Pekings. Laut dem Haushaltsentwurf für das laufende Jahr soll das Staatsdefizit bei rund drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.

Kritiker allerdings bezweifeln die Genauigkeit der chinesischen Wirtschaftsdaten grundsätzlich. Dennoch gelten die angepeilten Vorgaben als wichtige Gradmesser und Indikatoren für den wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung.

Sicherheit ist wichtig: In seiner Eröffnungsrede betonte Premier Li auch Pekings Fokus auf Sicherheit und Stabilität. Damit sind nicht nur die Militärausgaben gemeint, die im laufenden Jahr wie schon 2023 wiederum um mehr als sieben Prozent auf nunmehr umgerechnet über 200 Milliarden Franken steigen. Peking versteht Sicherheit umfassender: Nahrungsmittelsicherheit gehört dazu, aber auch der Schutz des chinesischen Systems vor ausländischen Einflüssen. «Mit Blick auf diesen Bereich ist der Fokus auf die Sicherheit nur schwer vereinbar mit wirtschaftlichem Wachstum», sagt Korrespondent Emch.

Grösste Armee der Welt

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Parade der Volksarmee.
Legende: Reuters/Jason Lee

Die Volksrepublik unterhält mit geschätzten zwei Millionen aktiven Soldaten die grösste Armee der Welt. Chinas Verteidigungshaushalt ist in den vergangenen Jahren jeweils stärker als die Gesamtausgaben des Staates auf umgerechnet gut 200 Milliarden Franken im laufenden Jahr gestiegen. Auch lag der Anstieg meist über der Wachstumsrate der Wirtschaft. Der offizielle Militärhaushalt gibt nach Angaben von Experten allerdings nur einen Teil der tatsächlichen Ausgaben wieder, da viele Aufwendungen für die Volksbefreiungsarmee auch von anderen Etats gedeckt werden. 

Das Sicherheitsdilemma Pekings: China legt also viel Gewicht auf die Sicherheit: So wurde letztes Jahr etwa ein neues Anti-Spionage-Gesetz eingeführt, zudem wurden verschiedene Anti-Spionage-Kampagnen lanciert. Zudem gab es bei mehreren ausländischen, in China ansässigen Beratungsfirmen Razzien. Das schreckte internationale Investoren auf und führte zu grosser Verunsicherung – was wiederum zur Folge hatte, dass die Investitionen aus dem Ausland massiv zurückgingen. Peking möchte nun die ausländischen Firmen dazu motivieren, wieder in China zu investieren. Wie weit das gelingt, ist offen.

HeuteMorgen, 5.3.2024, 09:00 Uhr ; 

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