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Deutschland Merkel verteidigt die einschneidenden Massnahmen

Die Kanzlerin appelliert an ihre Mitbürger. Dabei wird im Bundestag auch Kritik an der Regierung laut.

Bundeskanzlerin Merkel sprach in ihrer Regierungserklärung im Bundestag von einer dramatischen Lage. Die Fälle auf den Intensivstationen hätten sich innert zehn Tagen verdoppelt.

«Eine solche Dynamik wird unsere Intensivmedizin in wenigen Wochen überfordern.» Deshalb müssten die Begegnungen der Menschen um drei Viertel gesenkt werden, um die Ansteckungsgefahr zu verringern.

Merkel hatte für ihre deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürger fast nur düstere Botschaften. Immerhin: Dank der europäischen Impfstoffinitiative seien Rahmenverträge über mehrere Millionen Dosen an Impfstoff unterzeichnet worden.

Entsprechend werde jetzt vorbereitet, «wie das dann gehen soll, wenn ein Impfstoff vorhanden ist», so Merkel.

Wieso nicht Risikogruppen besser schützen?

Die Oppositionsfraktionen waren sich im Inhalt in sehr vielem einig, auch wenn der Tonfall unterschiedlich war. Die Massnahmen der Regierung seien nicht alternativlos, sagte etwa FDP-Parteichef Christian Lindner.

Gestern hätten die kassenärztliche Vereinigung und namhafte Virologen den Schutz von Risikogruppen statt eines breiten Shutdowns vorgeschlagen. Ihnen dürfe man nicht Populismus vorwerfen, nur weil sie zu einem anderen Ergebnis kämen bei ihren Abwägungen, so Lindner an die Adresse von Merkel.

Systematische Tests sowie Masken könnten tatsächlich Leben retten. «Und sie könnten zugleich der Vereinsamung unserer Eltern und Grosseltern entgegenwirken», so Lindner weiter.

Parlament bemängelt fehlende Mitsprache

Alle Oppositionsfraktionen – und sogar die SPD, die Teil der Regierung ist – bemängelten, dass der Bundestag erst im Nachhinein über die Massnahmen debattieren durfte, aber nichts zu entscheiden hatte.

Aber niemand formulierte die Kritik derart krass wie AfD-Fraktionschef Alexander Gauland. Er sprach von «Kriegspropaganda» und sagte weiter: «Wir werden neuerdings von einem Kriegskabinett – dem Corona-Kabinett – regiert.»

Wie geht es im Dezember weiter?

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schlug vor, dass die Kompetenzen der Regierung enger gefasst und präziser formuliert werden oder mit einem Zustimmungsvorbehalt des Parlaments versehen werden sollten.

Nur die CDU/CSU-Union hatte keine Einwände. Zweifel äusserten die Grünen, ob die betroffenen Branchen die versprochenen Hilfen rechtzeitig erhalten würden.

Die Opposition von links bis rechts warf der Regierung vor, sich im Sommer nicht auf eine zweite Welle vorbereitet zu haben. Und eine grosse bange Frage schwebte über dem Plenarsaal mit der gläsernen Kuppel: Was passiert nach diesem Teil-Lockdown – im Dezember, im Januar?

Frankreich weitgehend im Lockdown

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Macron am TV.
Legende: Reuters

Auch Frankreich hat weitreichende Einschränkungen verhängt, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Bereits ab Freitag bleiben Restaurants, Veranstaltungsräume sowie sämtliche Geschäfte, die nicht lebensnotwendige Produkte verkaufen, geschlossen, wie Präsident Emmanuel Macron in einer Fernsehansprache sagte. Um auf die Strasse zu gehen werden die Bürgerinnen und Bürger wieder Bescheinigungen ausfüllen müssen, dass sie einen triftigen Grund dafür haben.

Auch sollen Französinnen und Franzosen ihre Wohnregionen nicht verlassen dürfen. Im Gegensatz zum Lockdown vom Frühling bleiben aber sämtliche Schulen – wenn auch mit verschärften Hygieneregeln – geöffnet. Auch sollen öffentliche Verwaltung, Industrie und weitere Wirtschaftszweige weitgehend in Betrieb bleiben. (agenturen)

SRF 4 News, Rendez-vous vom 29.10.2020, 12.30 Uhr

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