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So warm wie 2023 war es weltweit wohl seit zehntausenden Jahren nicht
Aus SRF 4 News aktuell vom 12.01.2024. Bild: Reuters/Stéphane Mahé
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Die Erde schwitzt weiter So warm wie 2023 war es seit Messbeginn noch nie

Die Daten des «Copernicus»-Wetterdienstes machen klar: Es braucht massive Anstrengungen, um die Pariser Klimaziele noch zu erreichen.

Darum geht es: Das Jahr 2023 war das wärmste je gemessene Jahr – gemäss den offiziellen Zahlen des europäischen Wetterdienstes «Copernicus». Seit Juni letzten Jahres war jeder einzelne Monat der wärmste je gemessene Monat. Insgesamt war das Jahr 2023 demnach 1.48 Grad wärmer als im weltweiten vorindustriellen Mittel. Es sei sogar wahrscheinlich, dass die Temperaturen 2023 wärmer gewesen seien als jemals in den vergangenen 100'000 Jahren, hiess es von «Copernicus» weiter. Schon vorher klar war, dass 2023 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1850 sein würde.

Klimadienst der Europäischen Union

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Legende: copernicus

Der Klimawandeldienst «Copernicus» der EU veröffentlicht regelmässig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu Niederschlägen. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden von Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfliessen. Das Klima und die Temperaturen aus früherer Zeit können Klimaforschende indirekt etwa aus Baumringen oder Eisbohrkernen rekonstruieren.

Sehr warme Meeresoberflächen: Eine entscheidende Ursache für die ungewöhnlich hohen Lufttemperaturen letztes Jahr waren die beispiellos hohen Oberflächentemperaturen der Ozeane, so «Copernicus». Hauptgrund für die warmen Meere sei der anhaltende Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre. Ein weiterer Faktor sei das periodisch wiederkehrende Wetterphänomen El Niño, das im vergangenen Jahr begann. Es heizt alle paar Jahre den Pazifik am Äquator auf. «Vor allem im tropischen Pazifik führte dies zu Rekordtemperaturen», sagt der Klimaforscher Thomas Frölicher von der Universität Bern.

Wetterphänomene El Niño und  La Niña

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Grafische Darstellung der Erdkugel, erwärmter Pazifik rot zu sehen.
Legende: El Niño wärmt Pazifik auf Im Zug des El Niño erwärmt sich der Pazifik am Äquator. Nasa

Bei der Wetteranomalie El Niño, die alle paar Jahre im äquatorialen Pazifik auftritt, flauen die westwärts wehenden Passatwinde ab, das Meerwasser an der Oberfläche an der südamerikanischen Küste erwärmt sich, weil aus der Tiefe kein kaltes Wasser mehr «nachgesaugt» wird. El Niño hat regionale, aber auch weltweite Auswirkungen auf das Wetter: An der süd- bis mittelamerikanischen Westküste kommt es zu intensiven bis katastrophalen Niederschlägen, während östlichere Teile des Kontinents ebenso wie Australien und Indonesien tendenziell unter Dürren leiden. Weltweit gelten El-Niño-Jahre als eher warme Jahre.

Das Gegenteil davon ist die Wetteranomalie La Niña: Dabei verstärken sich die von Ost nach West wehenden Passatwinde am äquatorialen Pazifik, was dort zu kälteren Oberflächentemperaturen führt. Die Folgen sind vermehrte Tiefdruckgebiete oder gar Taifune, die Ostasien treffen, auch Australien oder Neuseeland können von heftigen Niederschlagsereignissen heimgesucht werden. Nordamerika wird tendenziell von mehr Hurrikans heimgesucht. Ostafrika dagegen leidet meist unter verheerenden Dürren. La Niña hat weltweit eher eine temperaturdämpfende Wirkung. Die beiden Wetterphänomene wechseln sich meist im Rhythmus von einigen Jahren ab.

Seit 2020 herrschte La Niña – das Phänomen wurde im September 2023 von einem beginnenden El Niño ohne Pause abgelöst.

Unerklärbares Phänomen: Dass durch El Niño die Meerestemperaturen im äquatorialen Pazifik ansteigen, sei normal, sagt Frölicher. «Wieso auch die Meeresoberflächentemperatur im Nordatlantik sehr hoch war, ist allerdings unklar.» Die Klimawissenschaft versuche immer noch herauszufinden, was hier vorgehe. Möglicherweise habe die Erwärmung mit veränderten Windverhältnissen zu tun. «Normalerweise mischen kräftige Westwinde das Wasser an der Oberfläche mit kaltem Tiefenwasser. Das war 2023 weniger der Fall», so Frölicher. Andere Gründe könnten ein Rückgang des Stickoxidausstosses durch die Meeresschifffahrt oder weniger Saharastaub über dem Meer sein. Dadurch wurde womöglich weniger Sonnenstrahlung ins Weltall zurückgespiegelt, was zu einer stärkeren Erwärmung in der unteren Atmosphäre führte.

Kein Ende in Sicht: Fachleute halten es durchaus für möglich, dass 2024 noch wärmer wird und das Gesamtjahr erstmals die 1.5 Grad-Schwelle reissen könnte. Das würde aber noch nicht heissen, dass das Pariser 1.5-Grad-Ziel verfehlt ist. Denn dafür wird auf längerfristige Durchschnittswerte geschaut. Immerhin: «Die extremen Ereignisse, die wir in den letzten Monaten beobachtet haben, sind ein dramatisches Zeugnis dafür, wie weit wir uns von dem Klima entfernt haben, in dem unsere Zivilisation bisher florierte», sagte «Copernicus»-Direktor Carlo Buontempo. Und: Angesichts des weiter wachsenden Klimagasausstosses werde das Rekordjahr 2023 in ein paar Jahren wohl als vergleichsweise kühles Jahr gelten.

WMO bestätigt Rekordjahr 2023

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Inzwischen hat auch die Weltwetterorganisation (WMO) die rekordhohe globale Durchschnittstemperatur für das Jahr 2023 offiziell bestätigt. Sie gab den Wert nach Auswertung von sechs verschiedenen Messreihen mit 1.45 Grad über dem vorindustriellem Niveau (1850-1900) an. Alle sechs ausgewerteten Institute – darunter auch «Copernicus» – hätten 2023 als bislang heissestes Jahr eingestuft. Die WMO warnte ausserdem davor, dass 2024 nochmals einen neuen Rekord bringen könnte.

Weltweit wärmer als 2016: Die globale Durchschnittstemperatur betrug im letzten Jahr «Copernicus» zufolge 14.98 Grad Celsius. Sie lag damit 0.17 Grad höher als im bisherigen Rekordjahr 2016. Zugleich habe 2023 zum ersten Mal jeder Tag des Jahres mindestens ein Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen – an zwei Tagen im November waren es sogar mehr als zwei Grad. Dabei erlebte Europa das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, ebenso die Schweiz: Nach Angaben des Bundesamts für Meteorologie (Meteoschweiz) lag die landesweite mittlere Jahrestemperatur bei 7.2 Grad. Noch wärmer war in der Schweiz nur das Jahr 2022.

SRF 4 News aktuell, 12.1.2024, 07:20 Uhr;

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