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Erste Rede nach dem Brexit Johnson hält an seinen Plänen fest

Der britische Premierminister bekräftigt, notfalls ohne Freihandelsvertrag mit der EU auskommen zu wollen.

Boris Johnson will die Beziehung zur EU nach Ablauf der Brexit-Übergangsphase notfalls ohne Freihandelsabkommen ausgestalten.

In einer Rede vor Geschäftsleuten und Botschaftern in London sagte der britische Premier: «Wir wollen einen umfassenden Freihandelsvertrag ähnlich zu dem Kanadas.» Er spielte damit auf das Freihandelsabkommen zwischen Brüssel und Ottawa an.

Grossbritannien werde sich bei den anstehenden Gesprächen mit Brüssel auf keinen Fall vertraglich auf die Einhaltung von EU-Standards bei Umweltschutz, Arbeitnehmerrechten und staatlichen Wirtschaftshilfen festlegen lassen.

Nur noch britische Standards

Es gebe für Grossbritannien genauso wenig Grund, wegen eines Freihandelsabkommens die Regeln der EU in Kauf zu nehmen wie andersherum, so Johnson.

«Grossbritannien wird die höchsten Standards in diesen Bereichen beibehalten, besser in vielerlei Hinsicht als die der EU.» Dazu brauche es keinen Zwang durch einen Vertrag mit der EU. Das Wort Brexit vermied er während der Rede vollständig.

Die EU hat klare Vorstellungen

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Auch die EU legte ihre Sicht der Dinge dar: Unterhändler Michel Barnier sagte in Brüssel, Voraussetzungen für ein Freihandelsabkommen mit der EU seien die Einhaltung gleicher Wettbewerbsbedingungen und eine Einigung auf Fischereirechte. Der Zugang für britische Waren und Dienstleistungen zum EU-Binnenmarkt werde davon abhängen, wie eng sich Grossbritannien künftig an EU-Regeln und Standards halte.

Unternehmen müssten sich schon jetzt darauf einstellen, dass auch das beste Freihandelsabkommen nicht mit den bisherigen Wirtschaftsbeziehungen im gemeinsamen EU-Markt vergleichbar sei. So seien etwa Zollformalitäten unvermeidlich. Das seien «die mechanischen Konsequenzen der Bedingungen, die Grossbritannien gewählt hat», betonte Barnier.

Sehr wenig Zeit für Verhandlungen

Grossbritannien war in der Nacht zum Samstag aus der EU ausgetreten. In einer Übergangsfrist bis Jahresende ändert sich aber im Alltag praktisch nichts. Während dieser Zeit wollen sich beide Seiten über die Regelung ihrer künftigen Beziehungen einig werden.

Dabei pocht Brüssel im Gegenzug für ein Freihandelsabkommen aber auf gleiche Wettbewerbsbedingungen: keine Zölle, keine Kontingente, kein Dumping. Neben dem Handel geht es unter anderem um Fischereirechte, Sicherheitsfragen und den Zugriff auf Datenbanken.

Die Frist bis Jahresende gilt eigentlich als viel zu kurz, doch eine Verlängerungsoption um bis zu zwei Jahre, die noch bis Ende Juli offensteht, lehnt Johnson vehement ab. Für Unternehmen bedeutet die aktuelle Situation deshalb weiterhin Ungewissheit.

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