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Fall Khashoggi Mohammed bin Salman testet seine Salonfähigkeit

Noch sind nicht alle Länder bereit, zur Tagesordnung überzugehen. Das zeigte sich auf der Werbetour des Kronprinzen durch den Nahen Osten.

Jamal Khashoggis Ermordung und ihre Konsequenzen sind auch heute der Aufmacher auf Al-Dschasira, wie eigentlich fast jeden Tag, seit ruchbar wurde, welch abscheuliches Verbrechen im Schutz des saudischen Konsulats in Istanbul begangen wurde. Immer wieder wird in die Türkei geschaltet.

Analysen, Gespräche, Berichte: Seit Wochen ist der Nachrichtensender aus Katar in Dauererregung. Das kleine Golfscheichtum hat seine eigenen aussenpolitischen Ambitionen. Dem saudischen Machthaber missfällt das.

G20-Gipfel in Buenos Aires

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Frau zeigt nach links, im Hintergrund G20-Schild
Legende: Reuters

In Argentinien beginnt der zweitägige G20-Gipfel mit Staats- und Regierungschefs aus aller Welt. Im Fokus dürfte vor allem der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman stehen. Eben noch als Erneuerer der Ölmonarchie bewundert, steht er – nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi – als mutmasslicher Auftraggeber dieses Verbrechens da. Für bin Salman wird das G20-Treffen also in erster Linie eine Gelegenheit sein, seine Salonfähigkeit auf der Weltbühne zu testen.

Er hat den Nachbarn dafür mit einem Embargo bestraft. Nun bietet sich eine Gelegenheit zur Revanche. Der neueste Aufhänger für Al-Dschasira ist die Protestfront im Parlament in Washington. Der Kronprinz sei ausser Kontrolle: Dieser Satz eines Abgeordneten aus Donald Trumps Partei erscheint prominent im Bericht aus Doha. Der US-Senat will nächste Woche über eine Resolution beraten, die Saudi-Arabien die Militärhilfe im Jemen-Krieg entzöge.

In dem Krieg spielt bin Salman – auch MBS genannt – eine Schlüsselrolle. Sein wichtigster Partner ist MBZ, Mohammed Bin Zayed, der starke Mann der Vereinigten Emirate. Ihm galt der erste Besuch auf Bin Salmans Auslandtour. Die Freundschaftsversicherungen waren ihm in den Emiraten gewiss, ebenso in Bahrain und Ägypten. MBS greift Präsident Sisi mit Milliarden unter die Arme.

Hitzige Talkshows zum Thema Khashoggi

Laut Menschenrechtsorganisationen verschwinden in Ägypten ebenfalls Regimekritiker. Allerdings begleitet von wesentlich weniger internationaler Empörung. Auch die Talksendung auf dem arabischen Kanal der BBC ist einmal mehr ganz dem Fall Khashoggi und seinen Konsequenzen gewidmet.

Die Lage im Nahen Osten sei simpel: Es gebe drei Einflusssphären, erklärte ein Anrufer und Verteidiger der Saudis. Da sei das türkische Projekt Erdogans, der den Muslimbrüdern nahestehe. Das kleine Katar sei auf dieser Achse der wichtigste Sponsor. Dann gebe es das iranische Projekt: Die schiitische Regionalmacht mische sich via Milizen in den arabischen Raum ein.

Und dann seien da die Saudis mit ihren Verbündeten. Die ganzen Vorwürfe gegen den Kronprinzen seien nur Ausdruck dieser Rivalitäten, so der Anrufer. Die Chefin der tunesischen Journalistengewerkschaft argumentiert in derselben Sendung mit Menschenrechten und politischer Verantwortung.

Beim Besuch bin Salmans in Tunesien war das Bild denn auch etwas eingetrübt. Gewerkschafterinnen und andere demonstrierten gegen den Thronfolger, manche hielten Kettensägen in die Höhe. In den saudischen Medien wurde anfangs geschwiegen. Inzwischen ist Khashoggi auch dort ein Thema.

Treffen bin Salmans mit Putin bestätigt

Doch der saudische Kanal al-Arabija hebt heute vor allem die Beteuerung von Trumps Aussenminister Mike Pompeo hervor, es gebe keine direkten Berichte über eine Verwicklung des Kronprinzen in den Mord an seinem Kritiker.

Nicht alle sind davon überzeugt. Entsprechende diplomatische Verrenkungen dürften am Gipfel der G20 in Buenos Aires zu beobachten sein. Einige werden nicht auf Tuchfühlung mit dem umstrittenen Prinzen gehen wollen.

Ein Treffen Mohammed bin Salmans mit Wladimir Putin sei freilich bereits bestätigt, meldet Al-Arabija. Und der saudische Königshof baut gewiss darauf, dass sein strategisches Gewicht und das viele Geld, das er verteilen kann, am Ende auch in anderen Hauptstädten nachhaltiger wirken, als alle Proteste.

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