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Generalstreik in Kolumbien Fast alle gegen Präsident Duque

Ivàn Duque ist unbeliebt, die Kolumbianer sind unzufrieden. Die Landreform kommt nicht voran, die Umsetzung des Friedensvertrags von 2016 stockt.

In Kolumbien ist für heute ein Generalstreik angekündigt. Grund ist die Unzufriedenheit mit der konservativen Regierung von Präsident Ivàn Duque. Nach Bolivien, Chile und Ecuador drohen damit in einem weiteren südamerikanischen Land massive Proteste und möglicherweise Unruhen.

Ivàn Duque – auf den Spuren Uribes

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Präsident Ivàn Duque ist ein Ziehsohn des früheren Präsidenten Alvaro Uribe. Dieser ging in seiner Amtszeit zwischen 2002 und 2010 hart gegen die Guerilla vor. Uribe war Vorgänger von Juan Manuel Santos, der 2016 mit der Guerilla-Organisation Farc ein Friedensabkommen schloss.

Rund 40 Organisationen stehen hinter dem Aufruf zum ersten Generalstreik Kolumbiens seit 42 Jahren. Sie kritisieren die Regierung unter anderem wegen der stockenden Umsetzung des Friedensabkommens mit der Guerilla-Organisation Farc.

Landreform kommt nicht voran

So sind vor allem jene, die sich seit langem eine echte Reform der Landrechte wünschen, frustriert. Denn die im Friedensvertrag vereinbarte Landreform werde von der Regierung blockiert. «Sie ist für die Elite nicht mehrheitsfähig», sagt der Lateinamerika-Experte Wolf Grabendorff. Er arbeitet für die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito.

Der Friedensvertrag sieht vor, dass von einer gerechteren Landverteilung vor allem Kleinbauern profitieren sollen. Viele von ihnen sind Indigene. Industrielle Landwirtschaftsunternehmen und Grossgrundbesitzer müssten dagegen Land abtreten. Das wäre für Kolumbien umso wichtiger, als dass der Zugang zu Land für Kleinbauern ein zentrales Thema im jahrzehntelangen Bürgerkrieg war.

Massiv benachteiligte indigene Bevölkerung

Der Generalstreik steht deshalb auch im Zeichen der Minderheitenrechte. «Die Indigenen sind die machtloseste Gruppe, sie haben immer nur am Rande der kolumbianischen Gesellschaft existiert», so der Politologe Grabendorff.

Sie kämpften derzeit vor allem dagegen, dass immer mehr Militär in ihre Gebiete eindringe, denn dies verschlechtere die Situation. So seien seit dem Amtsantritt von Präsident Duque vor knapp anderthalb Jahren 125 indigene Anführerinnen und Anführer getötet worden.

Viele Kolumbianer sind unzufrieden

Getragen wird der Generalstreik zudem von den Studenten. Sie fordern einen freien Zugang zu Bildung. In der Tat sei ein grosser Teil der Bildung in Kolumbien in den letzten Jahren privatisiert worden, weiss Grabendorff. Das habe die traditionell schon tiefe Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrössert.

Seit 70 Jahren hat Kolumbien keinen einzigen Machtwechsel erlebt. «Das Land wird seit seiner Gründung von einer konservativen Oligarchie beherrscht», beschreibt Grabendorff die Situation, welche viele Kolumbianer endlich ändern wollen.

Es droht möglicherweise Gewalt

Der Generalstreik sei denn auch Ausdruck der generellen Ablehnung der derzeitigen Lage – wobei die 40 beteiligten Organisation sehr unterschiedliche Forderungen an die Regierung hätten. «Deshalb wird es für die Regierung sehr schwierig werden, den Forderungen des Generalstreiks irgendwie entgegenzukommen.»

Auch Uribe-Anhänger sind unzufrieden

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Nicht nur Minderheiten, Indigene, Gewerkschaften und Studenten sind unzufrieden in Kolumbien. Auch die Anhänger des früheren Präsidenten und Hardliners Uribe täten sich mit dem Friedensvertrag mit der Farc immer noch schwer, so Grabendorff. «Viele haben den Eindruck, dass die Guerilla zu gut und die Militärs zu schlecht behandelt worden sind.» Entsprechend gespalten sei die kolumbianische Bevölkerung jetzt auch beim Generalstreik.

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