Vor einem Jahr haben die USA das Atom-Abkommen von 2015 einseitig aufgekündigt. Sie werfen dem Iran vor, Unruhe in der Region zu schüren und den Terrorismus zu unterstützen. Vergangene Woche setzte auch Teheran einige seiner Verpflichtungen aus dem Atomvertrag aus. Zuletzt haben die USA den Druck mit Sanktionen und militärischen Drohungen erhöht.
Die EU möchte aber das Abkommen unbedingt erhalten, nötigenfalls mit Anpassungen. Am Montag nun hat US-Aussenminister Mike Pompeo auf seinem Weg nach Russland überraschend einen Stopp in Brüssel eingelegt.
Dort führte er vertrauliche Gespräche mit der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini und den Aussenministern von Deutschland, Frankreich und Grossbritannien. Man werde sich dem Druck der USA nicht beugen und keine Sanktionen übernehmen, sagte Mogherini.
Druck durch die US-Sanktionen
Für die EU ist es schwierig, die Sanktionen der USA gegen den Iran zu umgehen – auch wenn sie das gerne möchte. Denn Unternehmen müssen sich zwischen den USA und dem Iran zu entscheiden.
Das erste Druckmittel der USA ist allein die schiere Bedeutung des Landes als grösster Absatzmarkt der Welt. Und als zweites Druckmittel wirkt der US-Dollar. Praktisch jede Bank auf der Welt wickelt Geschäfte in der US-Währung ab. Deswegen können die USA auf Banken Druck ausüben und diese trauen sich nicht mehr, im Iran Geschäfte zu machen. Ohne Bankverbindungen können aber auch Unternehmen keine Geschäfte mehr mit dem Iran machen.
Risiko ist zu hoch
Das Risiko für viele Firmen, in den Iran zu liefern, sei deshalb zu hoch, sagt Reto Föllmi, Professor für internationale Ökonomie an der Universität St. Gallen. Er hat sich auf aufstrebende Märkte wie den Iran spezialisiert.
Unternehmen seien natürlich frei, mit welchen Ländern sie Handel treiben wollten, sagt Föllmi: «Aber wenn sie wegen der Sanktionen vor der Wahl zwischen Iran oder USA stehen, werden sie sich wegen der Grösse für die USA entscheiden. Dazu kommt, dass die iranische Wirtschaft sehr schlecht läuft und es im Moment sehr schwierig ist, dort gute Geschäfte zu machen.»
Um trotz der Sanktionen mit dem Iran Handel treiben zu können, hat die EU schon vor Längerem eine neue Handelsplattform mit dem Namen Instex gegründet. Über diese soll der Handel mit dem Iran abgewickelt werden. Richtig zum Laufen gekommen ist diese Gesellschaft bisher nicht.
Kein Wunder, sagt Reto Föllmi. «Das Konstrukt ist eine Umweg-Lösung und deshalb sehr umständlich. Und die Firmen, auch wenn sie das Konstrukt brauchen, sind sich nicht sicher, ob sie nicht doch noch Probleme mit den USA bekommen. Weil die USA natürlich auch über diesen Weg erfährt, wer mit Iran Handel betreibt.»
Iran leidet unter fehlenden Handelsbeziehungen
Bei den Bemühungen der EU um eine Rettung des Atom-Abkommens geht es also vor allem darum, trotz den Sanktionsdrohungen der USA die Handelsbeziehungen mit dem Iran aufrechtzuerhalten. Weil darum kaum noch ausländische Unternehmen mit dem Iran Geschäfte machten, drohte Teheran in der vergangenen Woche damit, aus dem Abkommen endgültig auszusteigen.
Derzeit ist der Ausgang des Konflikts offen. Der iranische Präsident Hassan Rohani knüpfte ein mögliches Gespräch mit US-Präsident Donald Trump an ein Einlenken der USA. Seine Bedingung sei, dass die USA ihren Vertrags-Ausstieg zurücknehme und die Sanktionen aufhebe. Trump hatte vorgeschlagen, mit Rohani am Telefon über den Konflikt zu sprechen.