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Markus Kaim von der SWP zum Interesse Europas am Atomabkommen
Aus SRF 4 News aktuell vom 09.05.2019.
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Irans Ultimatum an Europa «Die EU ist in einer unbequemen Zwickmühle»

Iran hatte der EU Anfang Mai ein Ultimatum gestellt und gedroht, wenn die EU nicht innert 60 Tagen wieder normalen Handel mit Iran betreibe, werde das Atomabkommen auslaufen. Die USA reagierten darauf mit neuen Sanktionen.

Nun haben die Aussenminister Grossbritanniens, Deutschlands und Frankreichs sowie die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini gemeinsam erklärt, dass sie am Atomabkommen festhalten. Sie hätten gar keine andere Wahl, sagt Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

Markus Kaim

Markus Kaim

Experte für Sicherheitspolitik

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Markus Kaim ist Experte für Sicherheitspolitik und Aussenpolitik bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP) und doziert an der Universität Zürich.

SRF News: Die EU weist das Ultimatum von Iran zurück und hält am Atomabkommen fest. Zeigt die EU damit demonstrativ Einigkeit?

Herr Kaim: Ja, denn eines der Grundprobleme der EU ist ja, dass sie häufig nicht geschlossen auftritt. Also ist das zunächst einmal positiv. Gleichzeitig hat die EU aber auch kaum eine andere Wahl. Denn die Grundhaltung der EU gegenüber dem sogenannten «Nuclear Deal» mit dem Iran ist, dass man trotz des amerikanischen Austritts vor einem Jahr an dem Abkommen festhält.

Für die Europäer ist es schlicht nicht hinnehmbar, dass der Iran unilateral Teile dieses Abkommens nicht mehr umsetzen will.

Man hat den Iran dazu bewegen können, sich an die Vereinbarungen zu halten. Das hat die Internationale Atomenergiebehörde mehrmals bestätigt. Somit ist es für die Europäer nun schlicht nicht hinnehmbar, dass der Iran unilateral Teile dieses Abkommens nicht mehr umsetzen will.

Hat sich die EU von den jüngsten US-Sanktionen beeinflussen lassen?

Sie haben die Situation weiter zugespitzt. Die EU ist in einer unbequemen Zwickmühle: Einerseits steht sie unter erheblichem Druck der USA, die Sanktionen gegen den Iran mitzutragen. Dagegen hat sie sich stets gewehrt.

Europäische Firmen laufen zudem Gefahr, von den Sanktionen betroffen zu sein, wenn sie Handel mit dem Iran treiben. Gleichzeitig scheint sich der Iran nun auch aus der Vereinbarung verabschieden zu wollen – mit unvorhersehbaren Folgen für die Region. Aus EU-Sicht sind das zwei unbequeme Perspektiven.

Wieso hält die EU immer noch daran fest, wenn die USA sich davon verabschiedet haben und auch der Iran droht, es auslaufen zu lassen?

Die iranische Führung hat ein sehr feines Signal gesendet. Sie hat das Abkommen nicht formell aufgekündigt, sondern sie hat differenziert. Sie gedenkt, zwei Punkte nicht mehr umzusetzen, die man nicht als Bruch des Abkommens an sich werten kann. Gleichzeitig möchte die iranische Führung die EU dazu nutzen, um Druck auf die USA auszuüben.

Könnte die Rechnung aus iranischer Sicht aufgehen, wenn die EU geschlossen auftritt und Trump in dieser Sache die Stirn bietet?

Das ist die Hoffnung. Wenn ich die Signale aus Washington richtig interpretiere, sehe ich wenig Handlungsspielraum für die EU. Sie hat versucht, der iranischen Führung entgegenzukommen, indem sie die Handelserleichterungen, die das Abkommen vorsieht, fortsetzen will.

Trotz der Geschlossenheit der Europäer ist eine Zusammenarbeit mit Russland und China unabdingbar.

Sie hat eine besondere Einrichtung auf die Beine gestellt, mit der es den europäischen Firmen erleichtert werden soll, mit dem Iran Handel zu treiben. Das hat die USA aber nicht zu einem Umdenken bewegt. Im Gegenteil.

Ist die Geschlossenheit, die die EU nun demonstriert, das Maximum dessen, was die EU in dieser verzwickten Situation tun kann?

Sie hat noch eine Möglichkeit: stärker mit Russland und China zu kooperieren. Beide Länder sind auch Teil des Abkommens. Und trotz des Einflusses der Europäer auf die amerikanische Politik müssen wir doch feststellen, dass Europa alleine nicht den Hebel hat, die Iran-Politik wirklich zu bewegen. Von daher ist eine Zusammenarbeit mit Russland und China unabdingbar.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

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