SRF News: Wie wirkte Sepp Blatter bei seinem Auftritt auf Sie?
Jean François Tanda: Blatter war nicht überzeugend. Er war uneinsichtig. Blatter hat immer wieder damit argumentiert, dass mit ihm als Präsidenten unfair umgesprungen werde. Er hat sich wiederholt auf seine Stellung berufen und forderte regelrecht Mitleid ein. Gleichzeitig wirkte er abgehoben und ohne jeden Bezug zur Realität. Insgesamt war es ein bizarrer Auftritt.
Warum hat Blatter denn eine derart andere Sicht auf die Ereignisse als die Ethik-Kommission?
Blatter wurde offenbar ein Geschäftsgebaren zum Verhängnis, das in der Fifa über Jahrzehnte völlig normal war. Ständig Geld zu verteilen, war in diesem System offenbar schlicht nichts Unrechtes. Insofern ist Blatter gleichzeitig Teil und Opfer eines etablierten Systems. Doch die Gremien sind nun offensichtlich gewillt, dieses nicht mehr zu tolerieren.
Wie beurteilen Sie die Sperre?
Das ist schon ein sehr hartes Urteil. Die Ankläger hatten zwar lebenslänglich gefordert, lebenslang gibt es bei der Fifa aber nur für Korruption. Korruption wurde aber bei Blatter und Platini nicht nachgewiesen, dazu fehlten die Belege. Trotzdem hat die Zahlung nun acht Jahre gebracht. Das ist die härteste Strafe, die bei der Fifa bisher ausgesprochen worden ist – abgesehen von lebenslangen Strafen wegen Korruption.
Wie schätzen Sie denn die Chancen des angekündigten Rekurses ein?
Dieses Rechtsmittel steht theoretisch allen zur Verfügung, die von der Fifa bestraft werden. Aber tatsächlich sind Blatters Chancen gering. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Fifa-Berufungskommission derartige Urteile in 99 Prozent der Fälle stützt. Ich gehe davon aus, dass dies auch in den Fällen Blatter und Platini noch vor der Präsidentenwahl im Februar passieren wird.