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Internationale Recherche Medien können Oligarchen besser aufspüren als Behörden

  • Weltweit wird nach Vermögenswerten und den wirtschaftlichen Verflechtungen russischer Oligarchen gesucht.
  • Nicht nur Behörden sind dabei aktiv, auch Medien forschen nach den Vermögenswerten – und das ziemlich erfolgreich.
  • Bei einem der internationalen Rechercheteams sind renommierte Medien dabei wie «Le Monde», «The Guardian», NDR oder die Tamedia-Redaktion aus der Schweiz.

Die Welt sucht die Vermögen der russischen Oligarchen, der reichen Geschäftsleute aus dem Umfeld des Kreml und von Präsident Putin. Viele Länder haben Sanktionen gegen sie verhängt, weltweit werden wirtschaftliche Verflechtungen und verdächtige Vermögenswerte aufgespürt.

Eine kürzlich in den Tamedia-Zeitungen («Tages-Anzeiger», «Der Bund» u.a.) publizierte Recherche zeigt, dass sich viele Besitztümer russischer Oligarchen rund ums Mittelmeer befinden: Einige der grössten Segeljachten der Welt, Villen in Marbella, Portofino oder an der Costa Smeralda auf Sardinien.

Firmen in verdecktem russischem Besitz

«Wenn sie mit Jachten kommen und mit Ferraris – Dingen, die man zeigen kann, dann hat das eine bestimmte plakative Wirkung», sagt Oliver Zihlmann, Co-Leiter des Recherche-Teams von Tamedia.

Doch die Jachten, die schnellen Autos oder auch die Nobelvillen in Genf und in London, wo die Immobilienpreise in den letzten Jahren explodiert sind, all dies sei nur die Spitze des Eisbergs der russischen Vermögenswerte. Dahinter steckten wirtschaftliche Verflechtungen, verborgene Handelsströme für russische Rohstoffe.

Mann im Anzug und weiss-grauem Haar,
Legende: Der Journalist Oliver Zihlmann wurde 2016 zum Panama-Papers-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments eingeladen, um über die Recherchen von Verbindungen von Politikerinnen und Beamten weltweit zu geheimen «Offshore»-Gesellschaften zu berichten. Keystone/Archiv

Es gehe darum, hier Transparenz herzustellen, sagt Zihlmann. Deshalb recherchiere Tamedia zusammen mit anderen Medien weltweit, wie auch schon in früheren Fällen, «zum Beispiel bei grösseren Datenlecks». Dabei hätten viele Journalisten in verschiedenen Ländern zusammengearbeitet und sich gegenseitig über die Inhalte ausgetauscht.

Journalisten wissen mehr als Staatsanwälte

Solche direkten Kontakte über die Grenzen hinweg seien wichtig: «Durch diese Datenlecks haben wir Zugang zu Daten, die nicht öffentlich sind. Informationen, die tatsächlich niemand hat und die auch für die Behörden sehr schwer zu kriegen sind.»

So sei es für einen Schweizer Staatsanwalt auf normalem Weg praktisch unmöglich, herauszufinden, wem eine bestimmte Firma auf den British Virgin Islands gehöre – im Gegensatz zu den Journalisten, die Zugriff auf die geleakten Daten haben.

Briefkasten- und Scheinfirmen

Doch nicht nur auf den Virgin Islands fehle es an Transparenz, sondern auch in der Schweiz, bedauert Zihlmann: «Wenn es keine öffentlichen Register gibt von Firmenbesitzern, besteht letztlich die Möglichkeit, diese Sachen in Briefkastenfirmen oder in Scheinfirmen zu verstecken.»

Deshalb sei es oftmals schwierig, herauszufinden, wem eine Firma, eine Villa oder ein teures Kunstwerk in einem Zollfreilager wirklich gehöre. Dies aber wäre die Voraussetzung dafür, um die Sanktionen gegen die russischen Oligarchen auch tatsächlich durchsetzen zu können.

SRF 4 News, HeuteMorgen, 08.04.2022, 06:00 Uhr

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