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Israel-Botschafterin in Bern «Die Situation ist noch nicht ausgestanden»

Monatelang hat sich Israel vor allem mit internen Streitereien befasst – der massive Angriff der Hamas aus dem Gazastreifen kam völlig unerwartet. Er traf das Land genau 50 Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg. Im Gespräch spricht die Botschafterin Israels in der Schweiz, Ifat Reshef, über die jüngsten Ereignisse.

Ifat Reshef

Israels Botschafterin in Bern

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Ifat Reshef ist eine israelische Diplomatin und seit November 2021 die Botschafterin Israels in der Schweiz.

SRF News: Welche Nachrichten hören Sie aus Ihrem Umfeld, von Freunden und Ihrer Familie aus Israel im Moment?

Ifat Reshef: Wir alle in der Botschaft sind sehr besorgt um unsere Freunde und Familien. Die Situation ist noch nicht ausgestanden. Sie dauert immer noch an. Die israelischen Bürger sind immer noch in Gefahr. Wir verfolgen alle die Nachrichten und versuchen, die Geschehnisse zu verstehen. Am wichtigen religiösen, jüdischen Feiertag Simchat Tora waren viele Menschen auf dem Weg zu den Synagogen, als ihre Gemeinden von Dutzenden von Terroristen angegriffen wurden.

Es scheint, als ob Israel von dieser Attacke überrascht wurde. Wie ist das möglich?

Dies ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um zu prüfen und nachzufragen, was falsch gelaufen ist. Natürlich werden wir überprüfen, wie wir es nach einem Krieg oder einem Angriff auf Israel tun. Aber im Moment sind wir uns einig, so viele israelische Bürger wie möglich zu retten. Denn während wir hier sitzen und sprechen, gibt es israelische Gemeinden im südlichen Teil Israels, in denen immer noch Terroristen sind. Sie greifen Zivilisten an und bedrohen sie.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen diesem Angriff und dem Bau neuer Siedlungen unter Premierminister Netanjahu?

Nein. Ich sehe Verbindungen zum Iran und den Mullahs in Teheran, die zusammen mit dem Führer der Hisbollah im Libanon versuchen, palästinensische Terrororganisationen zu ermutigen, Israel von überall her Schaden zuzufügen.

Wir betrachten die Bevölkerung im Gazastreifen nicht als unsere Feinde, sondern nur ihre terroristischen Anführer.

In der Tat haben wir in den letzten Monaten grosse Anstrengungen unternommen, um die Situation, die zivile Infrastruktur und die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung im Gazastreifen zu verbessern, denn wir betrachten die Bevölkerung im Gazastreifen nicht als unsere Feinde, sondern nur ihre terroristischen Anführer.

Eine Frau läuft mit gelber Plastiktüte hinter Absperrbändern über einen Strassenabschnitt mit zerstörten Gebäuden.
Legende: In diesem Strassenabschnitt von Tel Aviv schlug eine Rakete aus Gaza ein. Bild aufgenommen am 7. Oktober 2023. Reuters/Itai Ron

Zuletzt hat sich Israel gegenüber arabischen Ländern angenähert, etwa Saudi-Arabien oder Marokko. Was erhoffen Sie sich nun von diesen Ländern?

Die Gemeinsamkeit zwischen Israel und all den neuen Freunden und Partnern in der Region ist die Tatsache, dass wir alle den Wunsch haben, uns für das Wohl unserer Bevölkerungen im Nahen Osten einzusetzen, vor allem für die sehr jungen Menschen in der arabischen Welt und auch in Israel. Die Führer, die sich Israel nähern, erkennen, dass der Weg zu einer besseren Zukunft und Gegenwart für ihre Jugend in der Zusammenarbeit mit Israel liegt.

Es gibt Forderungen nach einer Zweistaatenlösung: Ist das für Israel endgültig kein Thema mehr?

Ich denke, dass dies seit langem umstritten ist. Nicht nur in Israel, sondern auch unter den Palästinensern, was die realistischen Chancen angeht, ob dies überhaupt verwirklicht werden kann. Aber diese Diskussion ist nicht vom Tisch. Und das ist nichts, was ich als nicht relevant bezeichnen würde. Es ist nur für unsere heutige Diskussion nicht relevant.

Das Gespräch führte Sabine Gorgé.

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Tagesschau, 07.10.2023, 19:30 Uhr ; 

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