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Kollisionsgefahr nimmt zu Bemühungen um Regeln gegen Weltraummüll

Die Menge an Weltraumschrott wächst stetig weiter. Jetzt fordert die UNO klare Regeln. Doch das wird schwierig werden.

Navigation, Kommunikation, Meteorologie und anderes mehr: Das Weltall ist unverzichtbar. Umso besser, «dass die Nationen – trotz politischer Differenzen auf der Erde – im Universum gut zusammenarbeiten», findet UNO-Generalsekretär António Guterres. Doch da spielt viel Wunschdenken mit.

Die Risiken haben enorm zugenommen.
Autor: Aarti Holla-Maini Chefin der UNO-Weltraumbehörde Unoosa

Die weltpolitischen Rivalitäten haben längst auch das Weltall erreicht. Das erschwert gemeinsame Lösungen für akute Probleme. «Die Risiken haben enorm zugenommen durch die intensive Nutzung mit tausenden von menschengemachten Himmelskörpern», sagt Aarti Holla-Maini, die neue Chefin der UNO-Weltraumbehörde Unoosa.

Holla-Maini kennt sich aus. Vor ihrem UNO-Posten war sie lange für die Weltraumindustrie tätig. Mittlerweile sind rund siebzig Staaten und viele hundert Privatfirmen im All aktiv. Die Branche erreicht gesamthaft einen Jahresumsatz von mehr als 400 Milliarden Dollar.

25'000 gefährliche Teile umkreisen die Erde

Das sorgt für Chancen. Und für Gefahren. Bedrohlich sind mittlerweile die rund 9000 Tonnen Weltraumschrott: ausrangierte Satelliten, Raketenhülsen, Motoren- und Trümmerstücke.

Erdkugel mit Satelliten.
Legende: Das Computeranimierte Bild zeigt die schier unendliche Anzahl Satelliten und Teile im erdnahen Orbit. Es scheint bloss eine Frage der Zeit, bis womöglich verhängnisvolle Zusammenstösse passieren. Keystone

Es sind geschätzte 25'000 Teile, die grösser sind als zehn Zentimeter. Die Gefahr von Zusammenstössen steigt damit immer mehr an. Der Ausfall wichtiger Infrastruktur im Weltraum hätte gravierende, ja katastrophale Folgen, heisst es bei der UNO.

Manchmal werden untaugliche Satelliten ins All geschossen, die eigentlich vom ersten Tag an Weltraumschrott sind.
Autor: Aarti Holla-Maini Chefin der UNO-Weltraumbehörde Unoosa

Dennoch werde das Problem weiter krass unterschätzt. Die UNO-Chefbeamtin Holla-Maini fordert klare, verbindliche Regeln: «Zumal sich viele neue Akteure nicht an erprobte Standards halten. Mitunter werden untaugliche Satelliten ins All geschossen, die eigentlich vom ersten Tag an Weltraumschrott sind». Das Risikobewusstsein wachse zwar, doch geopolitische Spannungen verhinderten griffige Abkommen.

Bestehendes Abkommen erweitern?

«Eine gute Grundlage für internationale Regelungen wäre der UNO-Weltraumvertrag von 1967», sagt Tomas Hrozensky vom European Space Policy Institute in Wien: «In ihm sind wichtige Prinzipien festgehalten.» Etwa, dass das All niemandem, beziehungsweise allen gehört.

Militärische Nutzung – trotz Abkommen

Box aufklappen Box zuklappen

Das Abkommen von 1967 – auch die Schweiz hat den internationalen Vertrag unterzeichnet – fördert die friedliche Nutzung des Alls und verbietet die militärische. Gerade letzteres ignorieren die grossen Mächte aber. China, Russland, die USA oder Indien schossen gar eigene Satelliten im Orbit ab und produzierten so mutwillig noch mehr Weltraumschrott. Dabei geht es vor allem darum, zu demonstrieren, dass man dazu imstande ist, einen Satelliten abzuschiessen.

Der Weltraumvertrag müsste also erweitert, konkretisiert und modernisiert werden. Es bräuchte klare Regeln für mehr Sicherheit. «Helfen können ausserdem bessere Technologien, mehr Überwachung, eine erhöhte Manövrierbarkeit von Satelliten und ein intensiver Datenaustausch», sagt Hrozensky.

Wildwest im Weltall

Bloss hält er momentan neue UNO-Regeln angesichts der angespannten Weltlage für chancenlos: «Mangels einer weltweiten Regulierung müssten jetzt zumindest die einzelnen Staaten vorwärtsmachen und mit nationalen Gesetzen Grenzen definieren.» Das sei realistischer.

Nationalstaaten können gegenüber der Weltraumindustrie zudem Gesetze durchsetzen. Der UNO indes fehlen Zwangsmittel. Doch um militärische Weltraumaktivitäten zu verhindern, reichen nationale Gesetze nicht aus.

Auch für die Chefin der UNO-Weltraumbehörde sind ambitionierte Ziele derzeit ausser Reichweite. Viel wäre schon erreicht, wenn wenigstens alle die 2019 in der UNO beschlossenen Richtlinien einhielten. Doch allen Bemühungen zum Trotz: «Es wird zu wenig entschieden gehandelt. Und zu spät», stellt Holla-Maini fest.

Echo der Zeit, 17.1.2024, 18:00 Uhr

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