Der Rücktritt: Anfang Woche hat der Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes, Aharon Haliva, seinen Rücktritt erklärt. Er will damit nach eigenen Angaben seiner Führungsverantwortung nach dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober nachkommen, als die Terroristen über 1200 Menschen ermordeten und rund 250 weitere in den Gazastreifen verschleppten. Haliva hatte bereits kurz nach dem Überfall erklärt, er trage die Verantwortung für Fehler, die den Überfall ermöglicht hätten. Zugleich forderte er einen staatlichen Untersuchungsausschuss. Haliva will aus der Armee ausscheiden, sobald seine Nachfolge gefunden ist.
Der Zeitpunkt des Rücktritts: Mit Haliva zieht der erste ranghohe Vertreter des israelischen Sicherheitsapparates die Konsequenzen für das kolossale Versagen beim Angriff im vergangenen Herbst. Der Druck der Öffentlichkeit dürfte eine Rolle gespielt haben, ebenso die laufende politische Schmutzkampagne. Doch es war wohl auch eine sehr persönliche Entscheidung. In seinem Rücktrittsgesuch hielt Haliva unter anderem fest, dass ihn die damaligen Geschehnisse und die Folgen Tag und Nacht belasteten. Dazu kommt, dass der Krieg schon ein halbes Jahr andauert und die Geiseln weiterhin nicht befreit sind. Die von Premier Benjamin Netanjahu vorgegebenen Ziele wurden nicht erreicht.
Die Prognosen: Nach dem Massaker vom 7. Oktober hatten auch andere Verantwortliche im Militär und im Inlandsgeheimdienst Shin Bet angekündigt, die Verantwortung zu übernehmen. Sie blieben aber, wie Haliva, vorerst im Amt. Kommentatoren in Israel rechnen deshalb jetzt mit einer grösseren Rücktrittswelle. Einige nennen als Zeitpunkt den Unabhängigkeitstag Israels in zwei Wochen. Andere vermuten weitere Rücktritte von hohen Amtsträgern aus Militär und Geheimdienst Anfang Juni, wenn der für dann angekündigte Untersuchungsbericht der Armee vorliegt.
Die Haltung der Politik: Im Gegensatz zu den staatlichen Sicherheitskräften gibt es bis anhin keine Anzeichen, dass auch bei den politischen Verantwortlichen Köpfe rollen könnten. Dies gilt vor allem für Premier Benjamin Netanjahu, dessen Lager die alleinige Verantwortung für das Staatsversagen am 7. Okter den Geheimdiensten anlasten will. Netanjahu wird nachgesagt, dass er sich möglichst lange an sein Amt klammern will. Denn er ist mit mehreren Prozessen konfrontiert. Bei einem Verurteilung droht ihm Gefängnis wegen Korruption.