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Krieg in der Ukraine Finnland und Schweden stellen Weichen für Nato-Beitritt

Der Angriffskrieg Russlands hat die Annäherung der beiden nordeuropäischen Länder an das westliche Verteidigungsbündnis stark beschleunigt.

Darum geht es: Beobachter gehen davon aus, dass Finnland und Schweden schon bald ein Gesuch zum Beitritt an die Nato stellen könnten. Bereits jetzt zeigen sich konkrete Auswirkungen dieses Vorhabens. «Die Länder sind bereits daran, die Brücken zu Russland abzubrechen», sagt Nordeuropa-Korrespondent Bruno Kaufmann.

Finnland unterbricht Projekte mit Russland

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Stoppschild im Schnee
Legende: Der Grenzübergang zwischen Russland und Finnland in Imatra, im Südosten Finnlands. Reuters

Ein Beispiel für ein storniertes Projekt ist das grosse AKW-Projekt Hanhikivi im Norden Finnlands. Es wurde zusammen mit dem russischen Rosatom, dem staatlichen Atomunternehmen, geplant und ist seit letztem Jahr im Bau. Dort sind laut Bruno Kaufmann schon hunderte von Millionen Euro investiert worden. Das Projekt ist diese Woche definitiv eingestellt worden.

Ein anderes symbolträchtiges Beispiel ist der Stopp des Güterverkehrs der finnischen Staatsbahnen in Richtung Osten. Die finnischen und die russischen Staatsbahnen haben die gleiche Spurbreite, weil die Eisenbahn zur gleichen Zeit gebaut wurde, als Finnland zu Russland gehörte. Jetzt ist zum ersten Mal ein Stopp des Güterverkehrs vorgesehen. «Das hat schwerwiegende wirtschaftliche Folgen und macht Schlagzeilen, in Finnland wie auch in Russland», sagt Kaufmann.

Der Stand in Schweden: Die sozialdemokratische Regierung in Schweden scheint stärker mit dem Entscheid zu ringen. «Die schwedischen Sozialdemokraten haben die Neutralität und die Allianzfreiheit in ihrer DNA», sagt Kaufmann. Viele würden sich schwer damit tun, dieses Erbe über Bord zu werfen und sich für einen Nato-Beitritt auszusprechen. Dennoch sei die Regierung klar auf diesem Kurs.

Zwei Männer in Militäruniform auf der Insel Gotland am Hafen.
Legende: Die Insel Gotland in der Ostsee, die zu Schweden gehört, war nach dem Kalten Krieg praktisch demilitarisiert, sie wurde als Friedensinsel bezeichnet. Nun wird sie mit Milliarden schwedischer Steuergelder zu einer Art Nato-Flugzeugträger ausgebaut. Reuters

So sieht die Übergangszeit aus: Noch sind die beiden Länder nicht Teil der Nato. In dieser heiklen Übergangszeit versuchen sie sich laut Bruno Kaufmann mit einer intensiven diplomatischen Tätigkeit abzusichern. «Diese begann schon gleich nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine.» Der finnische Präsident ist nach Washington gereist, die Ministerpräsidentinnen Finnlands und Schwedens nach Berlin. Zudem verhandeln die nordischen Länder mit den nordischen Nato-Partnern Norwegen, Dänemark und Island fast täglich.

Diese Zusicherungen verlangen sie: Die beiden Länder erhoffen sich einerseits laut Kaufmann, dass gewisse Sicherheitsgarantien ausgesprochen werden, sobald das Beitrittsgesuch eingereicht ist. «Zum anderen hoffen sie, dass der Prozess des Beitritts, dieser Ratifizierungsprozess, möglichst schnell über die Bühne geht, um diese Unsicherheit, diese Unklarheiten auch wirklich nicht zu lange währen zu lassen.»

So geht es nach einem Nato-Beitrittsgesuch weiter: Bis Ende Mai sollen die innenpolitischen Prozesse abgeschlossen werden. Dann sollen die Parlamente beschliessen. Es werde damit gerechnet, dass Finnland und Schweden ihre Beitrittsgesuche bei der Nato bereits Anfang Juni einreichen, erklärt Kaufmann. «Die Nato könnte diese Beitrittsgesuche dann bereits Ende Juni am Gipfel in Madrid entgegennehmen und einen Beitritt dieser Länder beschliessen.» Dann würde die Ratifizierung in den 30 Nato-Mitgliedsstaaten folgen.

Echo der Zeit, 04.05.2022, 18:00 Uhr ; 

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