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Krise in Argentinien Parlament ruft Nahrungsmittelnotstand aus

Die staatliche Hilfe für bedürftige Argentinier wird erhöht. Zehntausende Menschen sind inzwischen darauf angewiesen.

Praktisch einstimmig haben die Abgeordneten im argentinischen Parlament den Nahrungsmittelnotstand erklärt. Auch die kleine Kammer wird der Massnahme zustimmen, dank der die Nahrungsmittelhilfe an Bedürftige erhöht werden kann.

Die Politik hat damit dem Druck der Strasse nachgegeben. Zwei Tage lang campierten Tausende von verarmten Argentiniern und Argentinierinnen auf der Hauptverkehrsader von Buenos Aires. Sie verlangten, dass die Nahrungsmittelhilfe der Regierung aufgestockt wird.

Hunderttausende Arbeitsplätze verschwunden

Zehntausende von Menschen, darunter auch sehr viele Kinder, nehmen täglich nur noch eine Mahlzeit zu sich. Die Wirtschaftskrise hat Abertausende in die Armut getrieben. Viele Kleinbetriebe sind der Rezession zum Opfer gefallen; landesweit sind in zwei Jahren mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze weggefallen.

Ein weiteres grosses Problem ist die extrem hohe Teuerung. Für dieses Jahr werden 55 Prozent Inflation veranschlagt – und die Löhne halten nicht mit, wenn die Preise steigen. Ein Mindestlohn von umgerechnet 130 Franken im Monat deckt nur einen Bruchteil der Bedürfnisse einer vierköpfigen Familie.

Frau mit Megaphon, dahinter Protestierende Menschen.
Legende: Der Protest zeigt Wirkung: Das argentinische Parlament erklärt den Nahrungsmittelnotstand und erhöht damit die Hilfe für Bedürftige. Reuters

Wer soll das bezahlen?

Wenn der Nahrungsmittelnotstand einmal Gesetzeskraft hat, kann die Regierung ihre Leistungen an die Bedürftigen um 50 Prozent erhöhen. Davon profitieren arme Familien, aber auch viele karitative Institutionen, die an der Peripherie der Grossstädte Suppenküchen betreiben. Sie beklagen zu Recht, dass sie immer mehr Menschen verpflegen müssen, während die Teuerung ihre Budgets ständig weiter aushöhlt.

Vom kommenden Jahr an kann die Regierung die staatliche Unterstützung für die Armen alle drei Monate indexieren, das heisst der Teuerung anpassen. Wie das finanziert werden soll, ist allerdings unklar.

Hoffen auf den Internationalen Währungsfonds

In mancher Hinsicht erinnert der Notstand an die Krise von 2001, als Argentinien den Staatsbankrott erklärte und seine Schulden nicht mehr bezahlte. Damals hielten sich die Verarmten an Tauschbörsen über Wasser. Auch heute gibt es sie wieder: Ein paar Schuhe in gutem Zustand gegen vier Kilo Reis – so sehen diese Lösungen aus.

Die Hoffnungen der Regierung hängen an fünf Milliarden Dollar, welche der internationale Währungsfonds (IWF) im Rahmen seines Hilfspaketes für Argentinien im Oktober überweisen soll. Bis jetzt ist nicht klar, ob dieses Geld fliessen wird. Auf einem Teil seiner Schulden hat Argentinien seine Gläubiger bereits um Fristerstreckung für Zinsen und Amortisationen nachsuchen müssen.

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