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Marktöffnung in China Revolutionär oder bloss ein Zückerchen?

China soll ein Gesetz erhalten, das ausländische Unternehmen stärkt. Was gut tönt, erweist sich möglicherweise als Papiertiger.

In Pekings grosser Halle des Volkes wird der Entwurf zum neuen Investitionsgesetz für ausländische Firmen vorgelesen – von Wang Chen, dem Vizevorsitzenden des ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses.

Seine Botschaft ist klar: Unter Staatspräsident Xi werde China seine Tore gegenüber ausländischen Investitionen nicht schliessen, sondern im Gegenteil immer mehr öffnen. Man heisst ausländische Investoren in China also willkommen.

Die Delegierten zeigen sich begeistert vom Gesetzesentwurf. Etwa Luo Peng aus der südwestchinesischen Provinz Guizhou: «Ich finde, je mehr starke Mitbewerber kommen, desto besser für den Markt, und desto mehr profitieren die Konsumenten.»

Skepsis bei der Handelskammer

Skeptisch ist man dagegen bei der Europäischen Handelskammer in Schanghai. Der Vorsitzende Carlo Diego D'Andrea sagt, das Gesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings: «In den vergangenen Jahren haben wir viele schöne Worte gehört.»

Man denke nur an den Auftritt Präsident Xis am WEF in Davos 2017. Dort habe er Reformen versprochen, auch die Minister hätten sich zu solchen bekannt. «Doch was fehlt, ist ein klarer Zeitplan, wann diese umgesetzt werden sollen.»

Xi zwischen den roten Sitzreihen des Volkskongresses.
Legende: Präsident Xis Investitionsreformen kommen an bei den Delegierten im Volkskongress. Reuters

Im neuen Gesetzesentwurf wird zum Beispiel der «erzwungene Transfer von Technologie» ausdrücklich verboten. Der Vorwurf, dass ausländische Firmen gezwungen seien, ihre Technologie mit chinesischen Partnern zu teilen, ist nicht nur aus den USA zu hören, sondern auch von europäischer Seite.

D’Andrea begrüsst zwar ein solches Verbot, doch auch hier bleibt er skeptisch. Zwar stehe im Gesetzesentwurf ein Artikel, der dies verbiete. «Aber in der Praxis auf lokaler Ebene sieht dies womöglich wieder anders aus.»

Noch ist vieles unklar

Zu vieles ist noch unbekannt: So ist in China derzeit immer wieder von einer sogenannten «Fumian Qingdan» die Rede. Das ist eine Liste mit Industrien, die für ausländische Investoren nach wie vor ausser Reichweite bleiben sollen. Welche Industrien genau gemeint sind, ist noch nicht bekannt. Das soll erst kurz vor Ende des Volkskongresses bekannt werden.

Grundsätzlich fragt sich D'Andrea, warum es überhaupt ein separates Gesetz für ausländische Unternehmen brauche – und nicht alle gleich behandelt würden wie chinesische. «Dieselben Möglichkeiten, die chinesische Unternehmen in Europa geniessen, sollten auch für europäische Unternehmen in China gelten.»

Die Chinesen planen langfristig

Ob der Druck der US-Regierung bewirke, dass nun endlich etwas passiere und sich China endlich öffne, will D'Andrea nicht so richtig beantworten. Zur US-Politik wolle man sich nicht äussern.

Indirekt verurteilt D'Andrea aber Donald Trumps Powerplay. «Man muss nicht immer mobben, um zu bekommen, was man möchte.» Seine Handelskammer setze auf Verhandlungen, auf Diskussionen. Die Chinesen hätten einen ganz anderen Zeithorizont. «Westliche Politiker wollen in zwei bis vier Jahren Resultate sehen, also noch während ihrer Amtszeit. Die chinesischen Behörden sagen stattdessen, bis 2030 wollen wir dies, bis 2040 passiert jenes.»

Zurück auf der Treppe vor der Grossen Halle des Volkes. Die Delegierte Tan Huizhu sieht ebenfalls keine Eile. Die ausländischen Firmen könnten schliesslich ihre Meinung zum Gesetz sagen. Tan ist überzeugt, dass die wirtschaftliche Öffnung Chinas umgesetzt wird. Schritt für Schritt.

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