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Mays Wahldesaster im Überblick Hoch gepokert – und am Ende verzockt

Theresa May hat mit ihrer Tory-Partei die Mehrheit im britischen Parlament verloren. Das Wichtigste zur Wahlschlappe.

Die nackten Zahlen: Theresa May hat mit ihrer Tory-Partei die absolute Mehrheit im Parlament verloren. Weder die Konservativen noch die oppositionelle Labour-Partei haben mehr als die Hälfte der 650 Wahlkreise für sich gewinnen können. Die am Freitagabend veröffentlichten Zahlen – nach Auszählung des letzten Wahlbezirks Kensington, der sehr knapp an Labour ging – bestätigen: Für die Tories bleiben 318 Sitze im Parlament (-12), Labour kommt neu auf 262 (+30).

Die unsichere Zukunft: Trotz Verlust der absoluten Mehrheit, hat May bei Königin Elizabeth II. um die Erlaubnis für eine Regierungsbildung gebeten. Die Premierministerin strebt eine konservative Minderheitsregierung mit Duldung der protestantisch-unionistischen Democratic Unionist Party (DUP, 10 Sitze) aus Nordirland an. Diese zeigt sich bereit.

Der lachende Zweite: Ihr Herausforderer Jeremy Corbyn, dessen Labour-Partei stark zulegen konnte, forderte die Regierungschefin noch in der Nacht zum Rücktritt auf. Sie habe Stimmen, Sitze und Vertrauen verloren, sagte er. Das sei genug, um «zu gehen und Platz zu machen für eine Regierung, die wirklich alle Menschen dieses Landes repräsentiert.»

Der schiefgegange Plan: May hatte die vorgezogene Wahl im April damit begründet, dass Grossbritannien eine «starke und stabile» Regierung in komplizierten Brexit-Zeiten brauche. Deshalb wollte sie die Regierungsmehrheit ihrer Konservativen im Unterhaus vergrössern. Mays Ziel war es, sich sowohl in ihrer Partei als auch im Land mehr Rückhalt für die Verhandlungen über den EU-Austritt zu sichern. Wie die Trennung von der EU vollzogen werden soll, war eines der Themen im Wahlkampf – aber nicht das dominierende.

May steht für einen sogenannten harten Brexit, das heisst, sie stellt die Kontrolle der Grenzen über eine Beteiligung Grossbritanniens am europäischen Binnenmarkt. Labour will einen weicheren Brexit und eng mit der EU zusammenarbeiten.

Der verunsicherte Partner: In Brüssel schaut man besorgt nach London. Zum einen ist da die Unsicherheit, ob die Brexit-Verhandlungen wie geplant in zehn Tagen beginnen können, sagt SRF-Korrespondent Oliver Washington in Brüssel. Dies wäre unwahrscheinlich, sollte es bis dahin in London keine stabile Regierung geben. Zum anderen schaut man auch besorgt nach London, weil man befürchtet, dass die künftige Regierung geschwächt sein wird. Ein geschwächter Partner macht die Brexit-Verhandlungen schwieriger.

Die tief Gefallene: Als May die Neuwahl überraschend ausgerufen hatte, galt noch ein überragender Sieg mit einem Zugewinn von 100 Sitzen für die Tories als wahrscheinlich. Die letzten Umfragen vor der Wahl hatten zwar auf einen geringeren Vorsprung hingedeutet, allerdings nicht auf einen Verlust der absoluten Mehrheit. Mehrere Fehler im Wahlkampf und die Sicherheitsdebatte nach den Terroranschlägen in London und Manchester hatten die Premierministerin in Bedrängnis gebracht. Um so härter gingen die Medien am Tag nach den Wahlen mit ihr ins Gericht.

Das geschah vor und nach dem Wahlresultat:

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