Europa leidet unter anhaltender Hitze. In vielen Regionen erreichten die Temperaturen rund 40 Grad und mehr. Waldbrände und Wasserknappheit sind die Folgen. Nicht nur südliche Länder sind betroffen. Auch im ansonsten kühleren Norden Europas ist es dieser Tage überdurchschnittlich warm.
Veronika Huber ist Klimafolgen- und Hitzeforscherin und erklärt, was das für Folgen für Mensch und Umwelt hat.
SRF News: Sevilla erlebt extreme Hitze. Ist die Stadt darauf vorbereitet?
Veronika Huber: Trotz Temperaturen von 43-44 Grad – was auch für Sevilla sehr heiss ist – ist die Stadt im Vergleich zu nordeuropäischen und mitteleuropäischen Städten auf Hitze gut vorbereitet. Zwischen 80 und 90 Prozent der Haushalte haben Klimaanlagen. Die Menschen gehen an so einem Tag wenig auf die Strasse und bewegen sich in klimatisierten Räumen.
Nicht nur Spanien leidet unter der Hitze. Warum ist es diesen Sommer in Europa besonders heiss?
Durch den menschengemachten Klimawandel müssen wir mit mehr und intensiveren Hitzewellen rechnen. Schon am Anfang des Sommers haben wissenschaftliche Stimmen darauf hingewiesen, dass das Mittelmeer besonders warm war.
Europa hat sich bereits über zwei Grad erwärmt.
Tatsächlich ist man da bereits davon ausgegangen, dass es ein besonders heisser Sommer werden würde. Europa hat sich bereits über zwei Grad erwärmt. Damit werden solche Hitzewellen, wie wir sie jetzt wieder erleben, einfach vermehrt auftreten, auch in Zukunft.
Welche Auswirkungen hat extreme Hitze auf den Menschen?
Der menschliche Körper braucht 37 Grad Kerntemperatur. Wenn durch die Hitze der Aussentemperaturen zusätzlich Wärme hinzukommt, muss der Körper diese Wärme loswerden.
Das ist Stress für Herz und Kreislauf und das Nierensystem.
Das bedeutet: Mehr schwitzen und mehr Blut in die Peripherie – also in die Hautpartien – bringen. Das ist Stress für Herz und Kreislauf und das Nierensystem.
Unsere Daten zeigen: Hitze ist ein Gesundheitsrisiko, führt zu mehr Mortalität und Krankenhauseinweisungen.
Gewöhnt man sich an die Hitze?
Ja, man gewöhnt sich an Hitze. Innerhalb von Tagen kann sich der Körper anpassen – beispielsweise durch eine Reduktion der Herzfrequenz oder durch mehr Blutvolumen. Der Temperaturschwellenwert für ein erhöhtes Sterberisiko liegt in südlichen Ländern höher.
35 Grad in Sevilla sind nicht so gefährdend wie in Regionen, wo das selten auftritt.
Daneben gibt es Anpassungen in Bezug auf die Infrastruktur und das Verhalten, wie Klimaanlagen in Sevilla oder Siesta in Spanien. Dies führt dazu, dass 35 Grad in Sevilla nicht so gefährdend sind und als nicht so heiss wahrgenommen werden wie in Regionen, wo das selten auftritt.
Wie gross ist das Problem der Tropennächte, in denen es nicht unter 20 Grad abkühlt?
Tropennächte spielen eine wichtige Rolle. Guter Schlaf ist wesentlich, um den am Tag erfahrenen Hitzestress zu verarbeiten. Besonders heisse Nächte – man spricht bei 30 Grad Minimumtemperatur da gar von «Höllennächten» – sind ein ausschlaggebender Faktor für das Gesundheitsrisiko Hitze.
Welche Rolle spielt die Politik, etwa mit Hitzeschutzplänen?
Das ist ein zentraler Punkt. Da muss noch wirklich sehr viel mehr getan werden, auch im Süden. Das können einfache Massnahmen sein, wie Wasserausgabe an öffentlichen Plätzen. Oder dass Ärzte bei älteren Menschen anrufen. Mittel- und langfristig sind Stadtplanung, Begrünung der Städte und Kühlungsräume in öffentlichen Gebäuden entscheidend. Wir müssen uns anpassen, da solche Episoden zunehmen werden.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.