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Mordprozess in Marokko Genfer Verdächtiger sollte bei Anschlag in der Schweiz helfen

Ein Schweizer IS-Kämpfer in Syrien bat den nach Marokko ausgewanderten Genfer um Unterstützung für seinen Attentatsplan.

Der Genfer Konvertit Kevin Z. steht in Marokko vor Gericht, weil er einen der Haupttäter im Mord an zwei skandinavischen Touristinnen ausgebildet haben soll. Am Donnerstag hielten die Verteidiger der 24 Angeklagten ihre Plädoyers.

Ein zweiter im Nachgang zum Doppelmord verhafteter Mann aus der Schweiz wurde zuvor in erster Instanz zu zehn Jahren Haft verurteilt. «10vor10» hatte Einsicht in mehrere Akten aus der Ermittlung in Marokko und daraus geht hervor, dass den beiden keine direkte Beteiligung am Mord vorgeworfen wird.

Kontakt mit IS-Kämpfer

Schwerer dürften ihre internationalen Verbindungen wiegen: Sie standen in Kontakt mit IS-Kämpfern in Syrien und Irak, die sie aus der gemeinsamen Zeit in der Grossen Moschee in Genf 2013 und 2014 kannten.

Dabei handelt es sich um den Konvertiten Daniel D. aus Genf sowie den damals in Genf wohnhaften Franzosen Ramzy B.

IS-Kämpfer
Legende: Wie eng war der Kontakt mit den IS-Kämpfern im Irak und Syrien? Keystone

Sie haben sich 2015 dem IS angeschlossen. Kevin Z. lebt seit 2015 in Marokko, Nicholas P. seit 2017. Ausgewandert sind sie nach Angaben ihrer Ehefrauen aus religiösen Gründen.

Die beiden standen aber auch nach der Ausreise aus der Schweiz mit dem IS-Kämpfer Daniel D. in Kontakt.

Nicht auf IS-Linie?

Beide Ehefrauen der nach Marokko ausgewanderten Genfer haben den Kontakt zu den IS-Leuten in Syrien bestätigt – allerdings betonen sie, ihre Männer seien nicht auf IS-Linie und oft nicht einverstanden gewesen.

Die Nachrichten, die zwischen den Genfern in Syrien und Marokko ausgetauscht wurden, scheinen ein anderes Bild zu zeichnen.

So sollten Kevin Z. und Nicholas P. für den IS-Kämpfer Daniel D. in Marokko Vorbereitungen treffen, damit dieser via das nordafrikanische Land nach Europa zurückreisen könne. Das schliessen europäische Sicherheitsdienste offenbar aus der abgehörten Kommunikation zwischen Marokko und Syrien.

Demnach hat Daniel D. Marokko offenbar als Zwischenstation gesehen für seine Rückreise. Diese plante er unter falschem Namen, wie aus einer Befragung von Kevin Z. in den marokkanischen Untersuchungen hervorgeht.

Operationen in der Schweiz geplant

Kevin Z. enthüllt im weiteren Verlauf der Befragung, dass ihn Daniel D. in seine geheimen Planungen einweihte: «Er verwies dabei auf seinen Wunsch, eine jihadistische Operation in der Schweiz durchzuführen und fragte mich nach verstärkten Sicherheitsvorkehrungen an den Grenzen.»

Genfer Moschee
Legende: Aus der Grossen Moschee in Genf sollen sich die Beschuldigten kennen. Das geht aus Akten hervor. SRF

Kevin Z. gab an, er habe abgelehnt, seinen Reisepass zur Verfügung zu stellen. Zudem sei er auch an keinen weiteren möglichen Planungen eines Attentats beteiligt gewesen. Seine Schweizer Anwältin, Saskia Ditisheim, sagte zudem gegenüber SRF: «Es zeigt vor allem den Willen von Daniel, in die Schweiz zurückzukehren.

Bundesanwaltschaft eröffnet Verfahren

Gegen Daniel D. hat die Schweizer Bundesanwaltschaft BA schon vor einiger Zeit ein Strafverfahren eröffnet. Zu möglichen Attentatsplänen von ihm in der Schweiz will sich die BA nicht äussern.

Während mehrere Dschihad-Reisende aus der Schweiz im Kampfgebiet ums Leben gekommen sind oder in Syrien und Irak inhaftiert wurden, sind von Daniel D. zumindest bis November 2018 Lebenszeichen festzustellen.

So schickte er damals eine Nachricht an den Genfer Nicholas P. in Marokko. Er habe eine wichtige Botschaft, so Daniel D., die Nicholas P. doch bitte nach Genf weiterleiten solle. Dabei sei es auch um eine Rückkehr in die Schweiz gegangen. Auf Fragen von SRF hat die Moschee-Verwaltung nicht reagiert.

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