Wie weiter, wenn der starke Mann weg ist? Das ist das klassische Problem von autoritär geführten Staaten. Neben Tansanias Präsident John Magufuli hatte niemand Platz. Das musste auch Oppositionsführer Tundu Lissu feststellen. Bei den Wahlen letztes Jahr erzielte er offiziell 13 Prozent aller Stimmen, doch sein Wahlkampf wurde massiv behindert. Seine Partei verlor fast alle Sitze im Parlament.
«Wir haben Magufuli überlebt», ist heute seine Reaktion. Tundu Lissu wünscht sich eine Wende in Tansania: «Die Unterdrückung von Opposition und Medien muss aufhören, wie auch das Leugnen von Covid im Land.» Präsident Magufuli hatte die Pandemie letztes Jahr für beendet erklärt. Offiziell starb er an Herzversagen, doch die Gerüchte halten sich, Magufuli sei dem Virus erlegen.
Effizienz und Unterdrückung
Magufuli war ein autoritärer Herrscher. Doch er war populär, besonders bei ärmeren im Land. Kioskbetreiber und Strassenverkäuferinnen etwa fanden sich weniger Staatswillkür ausgesetzt als früher. «Die Staatsangestellten erbringen heute Dienstleistungen für die Bevölkerung, früher machten sie kaum etwas», so die Politologin Aikande Kwayu, die in Tansania lebt und für die Universität Wisconsin-Madison forscht.
Der Präsident hatte auch die Infrastruktur des Landes ausgebaut. Doch dafür regierten Magufuli und seine Leute rücksichtslos. «Die Verfassung wurde nicht respektiert und die Opposition unterdrückt», erklärt die Politologin.
Versöhnliche Töne von Präsidentin
Schon am Freitagmorgen wurde Magufulis Nachfolgerin vereidigt. Samia Hassan, eine Muslima von der Insel Sansibar und bisher Vizepräsidentin Tansanias. Sie ist keine Frau der lauten Töne. «Hassan könnte das polarisierte Land vereinen», glaubt Kwayu. «Viele Leute freuen sich über den Tod des Präsidenten, das ist doch traurig.»
Versöhnung wäre angesagt. Doch Machtkämpfe in der Regierungspartei machten der neuen Präsidentin das Leben schwer, so der ehemalige tansanische Geheimdienstler Evarist Chahali: «Wer führt die Partei? Das ist die grosse Frage.» Deswegen, so mutmasst Chahali, sei Magufulis Tod tagelang geheimgehalten worden. «Ein Teil der Regierung wollte Nachfolgerin Samia Hassan rasch vereidigen, ein anderer Teil hätte gerne einfach weiter gemacht wie bisher.»
Kampf gegen Covid steht an
Bei ihrer Vereidigung sagte die neue Präsidentin, man müsse nun Differenzen begraben und gemeinsam nach vorne schauen. Der erste Schritt dazu wäre, dass Tansania offiziell die Existenz von Covid-19 anerkennt und den Kampf gegen das Virus aufnimmt.
Doch wird Tansania ohne Magufuli ein freieres Land? Der Oppositionelle Tundu Lissu hofft darauf: «Zwar sind noch immer dieselben Leute an der Macht, doch derjenige, der Gewalt und Unterdrückung rechtfertigte, ist nun weg.» Ohne Magufuli könnte ein Neubeginn in Tansania möglich werden.