Dass Donald Trump zu Superlativen neigt, ist bekannt. Und auch, dass er gerne den Friedensnobelpreis hätte. Beides dürfte dazu beigetragen haben, dass er gestern von einem der «vielleicht grössten Tage der Zivilisation» sprach: «Nach Hunderten, ja Tausenden Jahren ist es so weit: Wir können dem gesamten Nahen Osten Frieden bringen.»
Die arabischen Länder würden sich zwar eine neue Sicherheitsordnung wünschen, sagt die Nahostexpertin Bente Scheller. Doch schon in der Vergangenheit seien Friedenspläne zu Papiertigern geworden. «Deswegen gibt es auch noch keine überschwängliche Freude, zumal der Plan nichts wesentlich Neues vorsieht.»
Im Plan gibt es viele offene Fragen, die nicht näher ausbuchstabiert sind. Das schafft Raum für Kontroversen.
Trump bedankte sich bei den Ländern des Nahen Ostens für ihre «unglaubliche Unterstützung» dabei, «ewigen Frieden» in der Region zu schaffen. Dabei erwähnte er Katar, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Türkei und Ägypten – aber auch Pakistan und Indonesien, zwei der bevölkerungsreichsten muslimischen Länder.
Ihre erste und vielleicht schwierigste Aufgabe: Sie sollen die Hamas dazu bringen, dem Friedensplan zuzustimmen. Scheller ist überzeugt, dass gerade die arabischen Länder auf die Hamas einwirken können. Aber: «Im Plan gibt es viele offene Fragen, die nicht näher ausbuchstabiert sind. Das schafft Raum für Kontroversen.»
Die islamische Welt ist gross und heterogen. Manche Länder sind direkt vom Krieg in Gaza betroffen, andere nur peripher. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezichtigt Israel des Völkermords, andere Staatschefs versuchen zu vermitteln. Zudem pflegen die Staaten unterschiedliche Verbindungen zur Hamas im Gazastreifen und der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland.
Komplizierte Gemengelage
Ein Beispiel ist Ägypten, das direkt an den Gazastreifen grenzt. Es will um jeden Preis verhindern, dass der Nahostkonflikt durch massenhafte Flucht auf sein Territorium überschwappt. «Diesem Punkt wurde im Plan offenbar Rechnung getragen, denn von einer Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen ist nicht mehr die Rede», sagt Scheller. «Deswegen hat Kairo wohl signalisiert, mitziehen zu wollen.»
Für den Wiederaufbau des Gazastreifens erhofft sich Trump finanzkräftige Unterstützung, wohl vor allem von den Golfstaaten. «Die Länder sind reich und mächtig. Nur wenn man Geld hat, kann man etwas bewegen», sagte der US-Präsident. Im «Trump Economic Development Plan» für Gaza dürfte er auch ein lukratives Geschäft sehen.
Gleichzeitig sollen mit dem Abraham-Abkommen die Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten normalisiert werden. Und: Sie sollen sicherheitspolitisch ihren Beitrag leisten, nämlich mit einer Stabilisierungstruppe im Gazastreifen und der Ausbildung von Polizeikräften.
Umstrittene Annäherung an Israel
Scheller sieht weithin Bereitschaft, Trumps Friedensplan voranzutreiben. «Die arabischen Länder haben erkannt, dass die Situation unhaltbar geworden ist.» Gleichzeitig stünden viele Regierungen innenpolitisch unter Druck. «In vielen Ländern kann die Bevölkerung nicht verstehen, warum ihre Regierungen keinen schärferen Kurs gegen Israel gefahren sind.»
Ob diese Menschen bereit sind, das Verhältnis zu Israel zu «normalisieren», ist fraglich. Darüber, dass es eine Perspektive für einen palästinensischen Staat braucht, sind sich Politik und Bevölkerung aber überall in den arabischen Ländern einig.