Seba Abu Daqqa aus Gaza und Tom Kellner aus Israel haben sich in einer Dialog-Gruppe für Palästinenser und Israeli in Berlin kennengelernt. Ausgerechnet am 8. Oktober 2023, einen Tag nach dem Massaker der Hamas in Israel und dem Beginn des Gaza-Kriegs.
Die beiden Frauen Anfang vierzig fanden einen Draht zueinander. Abu Daqqa, Soziologin und Entwicklungsexpertin, erzählt: «Für mich waren diese Treffen nicht einfach. Meine Familie ist in Gaza, für mich fühlte es sich an, als würde alles zusammenbrechen, auch ich selber.»
Da sei Kellner, Literaturwissenschaftlerin und Cellistin, auf sie zugekommen und habe gesagt, sie wolle helfen.
Sichere WCs für Frauen
Abu Daqqa und Kellner wurden aktiv. Zuerst überwiesen sie Geldspenden nach Gaza. Doch Kellner wollte mehr unternehmen. «Aus Sebas Gesprächen mit Familie und Freunden in Gaza wurde klar, dass WCs ein grosses Problem sind», sagt sie.
Für Frauen sind WCs sehr wichtig – auch weil sie sich oft um Kinder, Ältere und Menschen mit Behinderung kümmern.
In den Vertriebenenlagern gebe es nicht genug davon, doch mit wenig Geld könnten einfache Toiletten gebaut werden. «Als Feministinnen wissen wir, wie wichtig WCs gerade für Frauen sind, die sich oft auch um Kinder, Ältere und Menschen mit Behinderung kümmern», sagt die Israelin.
Also begannen Abu Daqqa und Kellner in Gaza Toiletten zu errichten. Später kamen Notunterkünfte und Entsalzungsanlagen dazu. Mit ihrem Team in Gaza – Koordinatorinnen, Fahrer, Ingenieure – sind sie via Whatsapp in ständigem Kontakt. Sofern die Internetverbindung funktioniert.
Arbeiten mit Material aus Gaza
Ihre Nichtregierungsorganisation Clean Shelter – «saubere Unterkunft» – betreibt mittlerweile innerhalb des Vertriebenenlagers al-Mawasi eigene Lager für Tausende Personen, in denen sie Zelte und Infrastruktur wie sauberes Wasser zur Verfügung stellt.
Die Herausforderung, in Gaza humanitäre Nothilfe zu leisten, ist gross, auch weil die israelischen Behörden bisher den Import von Hilfsgütern kontrollierten und immer wieder beschränkten.
Deshalb versucht Clean Shelter, Materialien für Zelte und Toiletten so weit wie möglich in Gaza selber zu beschaffen.
So seien sie unabhängig und müssten nicht monatelang warten, bis klar sei, ob die israelische Armee die Einfuhr etwa von Zeltstangen und Planen erlaube oder nicht. Doch weil es in Gaza an allem mangle, seien die Preise für die raren Materialien sehr hoch.
Seit einem Monat gilt eine Waffenruhe. Seba Abu Daqqa stellt klar, dass man vor Ort davon wenig merke. Besonders der Winter ist eine riesige Herausforderung, weil viele Zelte beschädigt sind und dem Regen nicht standhalten. Sie müssen dringend ersetzt werden.
Trotz Waffenstillstand: Bis zum Frieden und Wiederaufbau ist es noch ein langer Weg. Seba Abu Daqqa und Tom Kellner wird die Arbeit nicht so schnell ausgehen.