Mit 59 zu 7 Stimmen hat das israelische Parlament ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Arbeit des UNO-Palästinenserhilfswerks UNRWA in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten faktisch verunmöglicht wird. Was das bedeutet, schätzt SRF-Auslandredaktorin Susanne Brunner ein.
Israel hat die UNRWA schon früher bereits verboten. Was bedeutet das neue Gesetz?
Anbieter von Strom, Treibstoff, Wasser, Internet- und Telefondienstleistungen dürfen das UNO-Hilfswerk nicht mehr beliefern. Ausserdem wird die UNRWA von sämtlichen Banken und Finanzdienstleistungen ausgeschlossen. Die israelischen Behörden dürfen innerhalb von 30 Tagen Land beschlagnahmen, auf dem die UNRWA Schulen und Kliniken betreibt. Das neue Gesetz bedeutet faktisch ein Grounding des Hilfswerks.
Warum will Israel die UNRWA vollständig einstellen?
Für die israelische Regierung und die Mehrheit des Parlaments ist die UNRWA eine Terrororganisation: Mindestens zehn Prozent der UNRWA-Belegschaft habe sich am Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 beteiligt, behauptet die Regierung. Den Beweis dafür bleibt sie allerdings schuldig. Und so entschied der Internationale Gerichtshof in Den Haag, dass das UNO-Mitglied Israel dafür sorgen müsse, dass die UNRWA weiterarbeiten könne.
Wer springt für die UNRWA in die Lücke?
Es gibt keine Organisation, die so schnell in diese Lücke springen kann. Das Palästinenserhilfswerk wurde 1949 gegründet und sollte eigentlich nur so lange bestehen bleiben, bis die Palästinenserinnen und Palästinenser einen eigenen Staat bekämen. Das ist aber nie passiert. Das Hilfswerk betreibt Schulen, Spitäler und Kliniken und ist zum grössten Versorger der palästinensischen Bevölkerung geworden. Diese ist in vielen Bereichen fast komplett von der UNRWA abhängig, erst recht seit Beginn des Krieges im Oktober 2023.
Welches Zeichen sendet Israel mit dem neuen Gesetz an die Welt?
Es ist ein Zeichen an die internationale Gemeinschaft, das man etwa so deuten könnte: «Wir foutieren uns um eure Institutionen, die UNRWA ist für uns eine Terrororganisation und wir verbieten sie, ob es euch passt oder nicht.» Es gibt israelische Politiker, welche offen sagen, dass sie die Palästinenser weghaben wollen, dass sie in ein anderes Land umsiedeln sollen. Im besetzten Westjordanland ist die Vertreibung der Bevölkerung bereits Alltag, im Gazastreifen bleibt der Bevölkerung nichts, das eine Zukunft möglich macht. Indem die israelische Regierung den Schulen und Kliniken im Gazastreifen und im Westjordanland mitten im Winter Strom- und Treibstofflieferungen abstellen will, macht sie der palästinensischen Bevölkerung das Leben noch unerträglicher.