Darum geht es: Die Publikation einer «Islamlandkarte» islamischer Vereine und Moscheen in Österreich durch einen wissenschaftlichen Beirat sorgt für Aufregung. Auf der im Internet einsehbaren Karte sind 623 muslimische Organisationen, Verbände und Moscheen mit ihrem jeweiligen Hauptsitz eingezeichnet. Hinzu kommen etwa Informationen zur Organisationsform und inhaltlicher Ausrichtung. Alle auf der Karte einsehbaren Informationen waren schon bisher öffentlich zugänglich. Neu ist einzig, dass dafür eigens eine Karte erstellt wurde, was es Interessierten erleichtert, an die einzelnen Informationen zu kommen.
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So wird die Karte begründet: Die österreichische Integrationsministerin Susanne Raab sagte, die Karte unterscheide nicht in gute und böse Vereine, sondern leiste in ihrer Vielfalt einen Beitrag zur Transparenz. «Es geht nicht um einen Generalverdacht gegenüber den Muslimen», aber es müsse möglich sein, ohne den Deckmantel der Toleranz «wichtige Fragen zu stellen». Der Vorsitzende des herausgebenden wissenschaftlichen Beirats der Dokumentationsstelle politischer Islam, Mouhanad Khochide, sagte, die Karte solle der sachlichen und kritischen Auseinandersetzung mit muslimischen Vereinen und Moscheen dienen. «Wir wollen einen inhaltlichen Diskurs jenseits von Polemik, von Ressentiments, von Emotionalität und von gegenseitigen Beschuldigungen anstossen.» Auch für gläubige Muslime sei es wichtig zu wissen, wer eine Moschee betreibe.
Das sagen die Kritiker: Kritik kommt unter anderem vom Vorsitzenden der muslimischen Jugend Österreichs, von der Universität Wien, dem Bürgermeister der Hauptstadt, von christlichen Vereinen – und sogar von der Grünen Partei, die an der Regierung beteiligt ist. «Sie alle befürchten, dass die Karte eine Art Generalverdacht gegen Muslime erzeugen könnte», sagt SRF-Korrespondent Peter Balzli. Manche befürchteten wegen der Karte auch Übergriffe auf Muslime. Kritik kommt auch vom Europarats-Sonderbeauftragten für muslimfeindliche Intoleranz und Hassverbrechen, Daniel Höltgen. Die Karte müsse unverzüglich zurückgezogen werden, fordert er.
Deshalb begrüsst die Mehrheit die Karte: «Es ist völlig normal, dass die österreichische Öffentlichkeit wissen möchte, wer eine Moschee betreibt», sagt Balzli. Schliesslich würden zahlreiche islamische Einrichtungen im Land von islamistischen Vereinen oder türkischen Rechtsextremisten getragen. Der Korrespondent denkt denn auch nicht, dass die Karte zurückgezogen wird. Allenfalls könnte es Anpassungen geben, wie etwa jener, dass die Privatadressen der Verantwortlichen entfernt werden. «Angesichts der Tatsache, dass die Karte nur öffentlich zugängliche Daten enthält, wäre eine Zurückziehung absurd», sagt Balzli. Die meisten Österreicher würden die Karte begrüssen, denn das Bedürfnis nach Transparenz sei gross nach dem islamistischen Terrorangriff von Wien im letzten November. Damals erschoss ein Extremist drei Menschen und verletzte 23 weitere zum Teil schwer.