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Serbien und Kosovo reden wieder miteinander
Aus Echo der Zeit vom 10.07.2020. Bild: Keystone
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Serbien und Kosovo reden «Es ist ein Anfang ohne erkennbaren Optimismus»

Zwei Jahrzehnte nach dem Kosovo-Krieg ist der Konflikt zwischen Serbien und Kosovo noch immer ungelöst. Serbien anerkennt die Unabhängigkeit der ehemaligen Provinz nicht. Heute haben Präsident Macron und Bundeskanzlerin Merkel wieder einen Anlauf genommen. An einer Videokonferenz brachten sie Serbiens Präsidenten Vucic und den kosovarischen Premier Hoti dazu, Gespräche aufzunehmen.

Christoph Wüthrich

Christoph Wüthrich

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Christoph Wüthrich ist Ausland-Redaktor bei Radio SRF und zuständig für den Westbalkan. Er hat Slawistik und Geschichte studiert.

SRF News: Kommt jetzt wieder etwas in Gang zwischen Serbien und Kosovo?

Ein Anfang ist zumindest gemacht. Aleksandar Vucic und Avdullah Hoti wollen am Sonntag zu einer weiteren Videokonferenz zusammenkommen. Diese wird vom EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell und dessen Balkan-Verantwortlichen Miroslav Lajčák geleitet. Am Donnerstag sollen sich Vucic und Hoti in Brüssel persönlich treffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verfolgt nimmt von Berlin aus an der Videokonferenz mit Präsident Macron, dem serbischen Präsidenten Vucic und dem kosovarischen Premier Hoti teil.
Legende: Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt von Berlin aus an der Videokonferenz mit Präsident Macron, dem serbischen Präsidenten Vucic und dem kosovarischen Premier Hoti teil. Keystone

Das tönt nicht so schlecht. Besteht Hoffnung?

Ich bin skeptisch, dass in absehbarer Zeit Fortschritte erzielt werden. Es war heute weder von Vucic noch von Hoti ein wirklicher Optimismus erkennbar, sondern eher so etwas wie Widerwillen. Auch hätte das direkte Treffen bereits am Sonntag stattfinden sollen, doch Hoti wollte noch nicht. Vucic sagte, die Kosovaren stellten Maximalforderungen. Er sei zwar zu Gesprächen bereit, lasse sich aber nichts diktieren.

Es war heute weder von Vucic noch von Hoti ein wirklicher Optimismus erkennbar, sondern eher so etwas wie Widerwillen.
Autor: Christoph Wüthrich

Vor kurzem wollte US-Präsident Trump die Präsidenten Kosovos und Serbiens ins Weisse Haus einladen. Sind die Europäer jetzt zurück als Hauptvermittler?

Gewissermassen ja. Die Initiative der USA ist daran gescheitert, dass der neue Kosovo-Sonderstaatsanwalt in Den Haag angekündigt hat, er werde den kosovarischen Präsidenten Hashim Thaçi wegen Kriegsverbrechen anklagen. Offenbar hatte Thaçi versucht, den USA zu einem schnellen diplomatischen Erfolg zu verhelfen. Als Gegenleistung sollten die USA dafür sorgen, dass er nicht angeklagt wird. Jetzt ist Thaçi vorerst weg und die Europäer haben wieder die Initiative.

Es hiess, die USA würden einer neuen Grenzziehung zwischen Serbien und Kosovo positiv gegenüberstehen. Ist diese Idee jetzt vom Tisch?

Zumindest vorerst ist die Gefahr nicht mehr so gross, dass ernsthaft über neue Grenzen verhandelt wird. In der EU sind die meisten dagegen, weil mit Grenzänderungen die Büchse der Pandora geöffnet würde. Es würde nicht lange dauern, bis auch die Grenzen in Bosnien-Herzegowina oder in Nordmazedonien in Frage gestellt würden.

Präsident Emmanuel Macron verfolgt in Paris die Videokonferenz, die neuen Schwung für eine Lösung zwischen Serbien und Kosovo bringen soll.
Legende: Europa wieder am Steuer in der Balkanpolitik: Präsident Emmanuel Macron verfolgt in Paris die Videokonferenz, die neuen Schwung für eine Lösung zwischen Serbien und Kosovo bringen soll. Keystone

In Serbien kam es zu gewalttätigen Protesten gegen Vucic wegen dessen Corona-Politik. Hat das einen Einfluss auf die Gespräche mit Kosovo?

Es gab tatsächlich Leute, die nicht nur Parolen gegen die Corona-Politik von Vucic riefen, sondern auch gegen Zugeständnisse an Kosovo. Die Rufe kamen von kleinen rechtsextremen Gruppen, die auch ins Parlament eindrangen. Inzwischen sind in Serbien viele Handy-Videos im Umlauf, die kaum eine andere Interpretation zulassen, als dass die Rechtsextremen aus Vucics Umfeld als Provokateure losgeschickt wurden. Das macht Sinn. Gewalttätige Proteste kommen Vucic jetzt gelegen. Er kann den Europäern sagen, dass bei zu grossen Zugeständnissen an Kosovo in Serbien die rechtsextremen Kräfte an die Macht drängten.

Könnte das zum Eigentor für Vucic werden und seine Macht gefährden?

Die Gefahr besteht theoretisch, ist meines Erachtens aber nicht akut. Letztes Jahr gab es viel grössere und regelmässige Proteste. Vermutlich sind zwar jetzt tatsächlich mehr Leute in Serbien unzufrieden mit Vucic. Er hat aber nach wie vor den Grossteil der Medien unter straffer Kontrolle und damit eine unheimliche Macht.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

Echo der Zeit, 10.07.2020, 18:00 Uhr;

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