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Putin-Trump-Treffen Kann die Ukraine gezwungen werden, Gebiete abzutreten?

Es werde wohl einen «Tausch von Gebieten» zwischen Russland und der Ukraine geben, sagte US-Präsident Trump mit Blick auf sein Treffen mit dem russischen Präsidenten Putin in Alaska. Obwohl von einem Tausch kaum die Rede sein kann. Viel eher dürfte zur Diskussion stehen, ob die Ukraine Gebiete, die Russland aktuell besetzt hält, offiziell abgibt. Für den Völkerrechtler Aaron Dumont ein Verstoss gegen das Verbot der Freiwilligkeit.

Aaron Dumont

Völkerrechtler

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Dumont forscht am Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht an der Universität Bochum.

SRF News: Unter welchen Bedingungen wäre eine solche Abmachung durch das Völkerrecht gedeckt?

Aaron Dumont: Grundsätzlich sind Gebietsabtretungen von einem Staat an den anderen möglich. Dies ist Teil der Souveränität jedes Staates, darüber entscheiden zu können, was zu seinem Staatsgebiet gehört und was nicht. Solange die Entscheidung hierüber freiwillig geschehen ist – das ist der entscheidende Punkt  – ist das grundsätzlich möglich. Ein bekanntes Beispiel aus der jüngeren Zeit ist Alaska, wo das Treffen zwischen Trump und Putin am Freitag stattfinden soll. Es wurde im 19. Jahrhundert von Russland an die USA verkauft. Die Entscheidung einer Gebietsabtretung muss also stets freiwillig und ohne die Androhung von Gewalt herbeigeführt erfolgen.

Der bewaffnete Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ist nach wie vor am Laufen und hier stellt sich die Frage, ob für die Ukraine eine Zwangslage gegeben ist.

Die Ukraine kann also von Russland oder den USA nicht gezwungen werden, Gebiete abzugeben?

Genau, das ist der entscheidende Punkt: Ob man nicht bereits aus der Situation, in der sich die Ukraine aktuell befindet, eine Nicht-Freiwilligkeit oder die Androhung von Gewalt verstehen kann. Der bewaffnete Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ist nach wie vor am Laufen und hier stellt sich die Frage, ob für die Ukraine eine Zwangslage gegeben ist.

Ukrainischer Soldat.
Legende: Die ukrainische Armee ist aktuell im Gebiet Donezk unter Druck. (Bild vom 5. August 2025) Reuters/Oleksandr Ratushniak

Ist eine freiwillige Abtretung von Gebieten von ukrainischer Seite unter den gegebenen Bedingungen überhaupt möglich?

Es erscheint fast unmöglich. Man kann sich das Ganze wie eine Waagschale vorstellen. Auf der einen Seite wird die russische Seite viel erhalten, nämlich die Annexion einiger Gebiete. Auf der anderen Seite müsste die Ukraine aber ebenfalls viel auf der Waagschale liegen haben, damit man von einer Gleichheit sprechen kann.

Kann man damit rechnen, dass andere Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Grossbritannien eine solche Gebietsabtretung akzeptieren würden?

Gehen wir davon aus, dass diese Abtretung von Gebieten nicht völkerrechtskonform wäre. Man könnte hier von einer illegalen Annexion der Gebiete sprechen. Dies würde das Gewaltverbot, die wichtigste Norm im internationalen Recht, brechen, und hätte zur Folge, dass andere Staaten wie Deutschland oder die USA sogar verpflichtet wären, diese Annexion nicht anzuerkennen.

Die völkerrechtlichen Konsequenzen wären überschaubar, nicht aber die politischen Konsequenzen.

Was wären die Konsequenzen, wenn andere Staaten einen solchen Vertrag nicht anerkennen würden?

Die völkerrechtlichen Konsequenzen wären überschaubar, nicht aber die politischen Konsequenzen. Andere Staaten werden darauf bedacht sein, die Einhaltung dieses Gewaltverbotes zu legitimieren und den Bruch zu verurteilen.             

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

Echo der Zeit, 14.8.2025, 18 Uhr ; 

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