US-Präsident Trump hat am Sonntag den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in Florida empfangen. Nach dem Treffen gaben sich beide optimistisch: Es seien gute Gespräche gewesen. Konkrete Ergebnisse konnten sie aber nicht präsentieren. ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz ordnet das Treffen ein.
SRF News: Hat Wolodimir Selenski bei Trump erreicht, was er wollte?
Christian Wehrschütz: Das wird sich zeigen, denn wir haben nur die Aussagen von Selenski, wonach 90 Prozent des Friedensplans ausverhandelt seien. Und eine Sicherheitsgarantie sei zu 100 Prozent mit den USA vereinbart. Aber wir wissen nicht, wie es konkret ausschaut.
Wird die Sicherheitsgarantie von Trump gegeben? Wird sie im US-Parlament ratifiziert? Weitere Unklarheiten wurden bei den Territorialverhandlungen respektive bei der Frage, was aus der Ostukraine wird, erkennbar. Wir haben nur die Hoffnung, dass wir so nahe an einem Frieden sind wie seit vier Jahren nicht – mehr nicht.
Was hat das Telefongespräch zwischen Donald Trump und Wladimir Putin ergeben?
Laut Putins Berater Juri Uschakow seien zwei Dinge vereinbart worden: Erstens ein Nein zu einer Feuerpause – da gibt es offenbar Übereinstimmung zwischen Trump und Putin – und zweitens die Einsetzung von Arbeitsgruppen zwischen Russland und den USA zu Sicherheit und Wirtschaft. Die Ukraine zeigt sich zudem bereit, ein Gebiet in der Ostukraine, das Russland noch nicht erobert hat, zur entmilitarisierten Zone zu erklären.
Wie gross ist dieser Schritt für das Land?
Die Ukraine hat bisher verlangt, dass auch Russland einen Teil des Donbass entmilitarisiert. Aber wenn wir uns die russische Forderung anschauen, das ganze Donbass müsse russisch werden, wird diese nicht erfüllt. Es ist ein Manöver der ukrainischen Seite, um Flexibilität zu zeigen.
Sicherheitsgarantien der USA als Schutzmacht für die Ukraine: Warum ist dieser Punkt so wichtig?
Wenn die Ukraine auf de facto Territorien verzichten muss, dann will sie etwas dafür. Das zeigen alle Umfragen. Man will sicher sein, dass die Russen nicht später wieder angreifen. Daher sind Sicherheitsgarantien so wichtig. Doch sie können nur von den USA gegeben werden. Dazu kommt die Frage: Wie wird es aussehen, wenn eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine nicht infrage kommt? Denn das ist eine rote Linie für die Russen und einer der Gründe, warum es zu diesem Krieg kam.
Die Skepsis in der Ukraine besteht auch gegenüber der Politik.
Man sei zuversichtlich, dass dieser Krieg bald beendet werden könne, hört man aus den USA. Sieht man das in der Ukraine auch so?
Nein, die Skepsis in der ukrainischen Bevölkerung ist enorm. Man darf nicht vergessen, dass es schon die Minsker Vereinbarungen 2014/2015 und 2021 gab. Diese Pläne für die Ostukraine sind nie umgesetzt worden. Es gab auch Gespräche in Istanbul und andere Versuche, die gescheitert sind. Interessant ist zudem, dass Umfragen zeigen, welche zwei Punkte die Ukrainer am meisten stören: erstens der russische Angriffskrieg, zweitens die Korruption im eigenen Land. Die Skepsis besteht auch gegenüber der Politik.
Es stellt sich die Frage, wie eine Einigung in der Ukraine ratifiziert wird: Muss das Parlament zustimmen?
Wird es bald zu einer Einigung kommen?
Nach meiner Einschätzung sind wir so nahe dran wie seit Istanbul im Jahre 2022. Aber der Teufel steckt im Detail. Man muss sicherstellen, dass man die Russen dauerhaft an Bord holt. Weiter stellt sich die Frage, wie eine Einigung in der Ukraine ratifiziert wird: Muss das Parlament zustimmen? Gibt es vielleicht eine Volksabstimmung? Es wird ein steiniger Weg.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.