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Umstrittenes Mediengesetz Facebook dreht Australiern den Newshahn zu

Im Streit um Nutzungsgebühren für traditionelle Medienunternehmen hat Facebook auf seinen Seiten die Verlinkung zu Beiträgen diverser Medien blockiert.

Böses Erwachen für 18 Millionen australische Facebook-Nutzerinnen und Nutzer am Donnerstagmorgen: Statt auf den Facebookseiten von Qualitätsmedien wie dem Sender ABC einen Link zu einem Artikel zu klicken, wurden sie von einer Mitteilung von Facebook begrüsst. Man habe den Zugang zu australischen Nachrichten blockiert, so die Meldung.

Sogar Seiten des Wetteramts gesperrt

Damit können die Medieninhalte auch nicht mehr geteilt werden. Betroffen sind die Facebook-Seiten praktisch aller australischer Medienorganisationen und anderer Anbieter von Nachrichten. Selbst Seiten von Nichtregierungsorganisation und sogar des australischen Wetteramtes waren blank. Letzteres immerhin sei ein Fehler, der korrigiert werde, so Facebook.

Facebook überrascht Australier

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Dass Facebook mit dem Entscheid zur Blockierung von Inhalten den Konflikt sucht, hat in Australien viele Beobachter erstaunt. Schatzkanzler Josh Frydenberg hatte noch am Wochenende mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg telefoniert und von einer versöhnlichen Unterhaltung gesprochen. Klar ist, dass der Entscheid schwerwiegende Folgen haben wird für die Qualität der Nachrichten in Australien. Die Gefahr der Verbreitung von Gerüchten und Fakenews steige, warnte der Kommunikationsminister.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch meinte, es sei «skrupellos», einem ganzen Land über Nacht den Zugang zu «lebenswichtigen Informationen» zu nehmen. Premierminister Scott Morrison schrieb auf Facebook von einem «arroganten und enttäuschenden» Entscheid.

Mit der spektakulären Massnahme reagiert das US-Unternehmen auf ein geplantes Gesetz, wonach Facebook und Google australischen Medienhäusern eine Abgabe für Meldungsausschnitte bezahlen sollten, welche Internetgiganten von deren Internetseiten abgreifen und verlinken.

Google und Facebook sollen bezahlen

Ein entsprechender Gesetzesvorschlag passierte am Mittwoch das Unterhaus und liegt nun im Senat. Die Regierung begründet die Notwendigkeit für das Gesetz mit der Tatsache, dass in Australien rund 80 Prozent aller Werbeeinnahmen an die Internetunternehmen gingen, während traditionelle Medienhäuser unter einem Einkommensrückgang litten.

Es seien aber diese Firmen, die den Inhalt produzierten, von dem Google und Facebook profitierten. Die Regierungen anderer Länder verfolgen die Entwicklung in Australien, um zu sehen, ob sie ähnliche Massnahmen gegen immer dominanter werdende Internetunternehmen durchsetzen können.

Australien unter globaler Beobachtung

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Legende: Reuters

Der Streit in Australien wird weltweit mitverfolgt: «Dort wird ein Präzedenzfall geschaffen», sagt dazu SRF-Medienspezialist Salvador Atasoy. «Es geht um die Frage: Kann man Plattformen wie Google und Facebook mit einem Gesetz dazu zwingen, ihre Gewinne zu teilen – und so einen Teil der Gewinne im eigenen Land zu behalten?» Bis vor Kurzem habe niemand sagen können, ob das gelingen werde. Doch jetzt gingen zwei Länder in diese Richtung: Australien und Frankreich. Auch in unserem Nachbarland gebe es derzeit einen ähnlichen Streit wie in Australien, respektive es würden Verhandlungen zwischen den US-Techgiganten und den französischen Medienhäusern laufen, so Atasoy. «Man kann davon ausgehen, dass andere Länder folgen werden, falls Australien erfolgreich sein sollte.» Entsprechend gehe es dort für Google, Facebook & Co. jetzt «ums Ganze».

Verlust oder Gewinn für die Medien?

Google und Facebook sprechen sich seit Monaten gegen das Gesetz aus. Die Unternehmen argumentieren unter anderem, mit ihren Links zu Nachrichteninhalten würden sie den Medienfirmen einen Dienst erweisen, da Konsumenten damit zu deren Angeboten geführt würden.

Medienorganisationen wie ABC, Nine Entertainment, Seven West Media und News Corp dagegen weisen auf den Verlust von Werbeeinnahmen hin. Die australische Regierung meint, mit dem Schritt das Überleben des Qualitätsjournalismus sichern zu wollen.

Google bezahlt Medienhäusern Millionen

Der Konflikt war zeitweise so hitzig, dass Google drohte, in Australien die Suchfunktion zu sperren, die von 94 Prozent aller australischen Internet-Nutzer verwendet wird. Seit ein paar Tagen zeigt sich Google aber versöhnlicher. So einigte sich die Firma inzwischen offenbar mit mehreren Medienunternehmen auf eine Bezahlung von Nachrichteninhalten.

Unbestätigten Berichten zufolge soll Nine Entertainment mit Google eine fünf Jahre geltende Absichtserklärung für eine jährliche Zahlung von umgerechnet rund 20 Millionen Franken unterzeichnet haben. Auch die vom Amerikaner Rupert Murdoch kontrollierte News Corp ist mit Google eine offenbar dreijährige Partnerschaft eingegangen.

SRF 4 News, Heute Morgen, 18.2.2021, 08.00 Uhr

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