26 Millionen Dollar hat es Joe Biden Ende März an einem einzigen Abend in die Wahlkampfkasse gespült. Das war Rekord. Dann hat sein Rivale Donald Trump einen draufgelegt. 50 Millionen Dollar will er am vergangenen Samstag eingenommen haben. Louis Perron berät weltweit Politikerinnen und Politiker bei ihren Wahlkampfstrategien. Er berichtet von seinen Erfahrungen.
SRF News: Warum können Amtsinhaber fast immer mehr Geld sammeln als ihre Konkurrenten?
Louis Perron: Traditionell spenden Leute, um Zugang zu einem Politiker zu haben. Da hat der Amtsinhaber einen Vorteil, auch wenn man sagen muss, dass sich das in letzter Zeit etwas geändert hat. In letzter Zeit gibt es eine neue Art von Fundraising, bei dem Leute nicht 2000 Dollar bezahlen, um nachher mit Biden ein Foto zu machen. Man bezahlt kleine Beträge – 10, 20, 30 Dollar. Da geht es um Emotionen als Treiber des Fundraising.
Bis zu 800'000 Dollar haben Fans bezahlt, um bei einem dieser Gala-Diners in der Nähe von Donald Trump zu sitzen. Welche Rolle spielt Geld konkret bei diesen US-Wahlen?
Geld ist in US-Wahlkämpfen einer der ganz wichtigen Faktoren. Geld alleine gewinnt keine Wahlkämpfe, aber es macht sehr viel möglich. Es gibt Kandidaten im Wahlkampf die Möglichkeiten, Dinge auszuprobieren, innovativ zu sein. In den USA geht es um die Swing States. Wenn man Geld hat, hat man viel mehr Möglichkeiten. Man kann in die Offensive gehen, man kann da in verschiedenen Staaten investieren und wer weniger Geld hat, ist hier im Nachteil und kann viel weniger offensiv sein.
So viel Geld, wie Joe Biden zurzeit hat, hatte noch kein demokratischer Präsidentschaftskandidat zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung.
Können Sie uns ein Beispiel geben, was das konkret heissen könnte?
Florida ist ein Swing State, eher ein bisschen Richtung Republikaner, aber für die Demokraten nicht ausser Reichweite. Sie haben dort auch schon gewonnen, mit Barack Obama zum Beispiel. Florida ist sehr teuer und es ist ein grosser Staat. Die Fernsehwerbung ist sehr teuer und da muss man sich überlegen: Können wir 100 Millionen investieren oder nicht? So viel Geld, wie Joe Biden zurzeit hat, hatte noch kein demokratischer Präsidentschaftskandidat zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung. Da kann man dort mal einfach 100 Millionen investieren, auch wenn es vielleicht nicht reicht für einen Sieg. Vielleicht erzielt man nur den Nebeneffekt, dass man Donald Trump zwingt, dort auch Geld auszugeben.
Umgekehrt betrachtet: Was kann man mit Geld politisch gesehen nicht erreichen?
Man kann die Botschaft nicht ersetzen. Geld alleine kommuniziert keine Message. Geld ist Muskelkraft und Megafon. Geld macht vieles möglich, aber man kann damit auch nicht Enthusiasmus für einen Kandidaten kreieren, wenn die Leute nicht enthusiastisch sind.
Vor vier Jahren war es in vielen dieser Swing States extrem knapp. Wenn es wieder so wird – danach sieht es aus –, können Bidens Wahlkampfzentralen vor Ort einen Unterschied machen.
Im Moment hat Joe Biden zwar mehr Geld, aber auch mehr Mühe, seine Basis zu mobilisieren. Wie könnte er das mit seinem finanziellen Vorsprung wettmachen?
Joe Biden plant, nicht nur in Fernsehwerbung zu investieren, sondern auch in das sogenannte Ground Game. Er hat mehr als 100 Wahlkampfzentralen eröffnet. In Michigan alleine sind es mehr als 30 Büros. Wenn jemand mit 5 Prozent vorn liegt, dann spielen diese Büros keine Rolle mehr. Aber so war es nicht vor vier Jahren. Vor vier Jahren war es in vielen dieser Swing States extrem knapp. Wenn es wieder so wird – danach sieht es aus –, kann dieses Ground Game, können diese Wahlkampfzentralen vor Ort einen Unterschied machen.
Das Gespräch führte Ali Amir.