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Stopp der Kanada-Gespräche «Trump müsste Milliarden von Dollars an US-Firmen zurückzahlen»

Erst drohte der US-Präsident Donald Trump, Kanada als weiteren Bundesstaat in die USA einzugliedern. Dann verhängte er auf kanadische Waren Zölle von 35 Prozent und Kanada reagierte mit Gegenmassnahmen. Seit Wochen verhandelten dann beide Seiten über ein mögliches Abkommen für Stahl und Aluminium. Doch diese Gespräche hat Trump nun gestoppt. Der Grund: Eine Werbekampagne aus Ontario. USA-Experte Christian Lammert erklärt, warum sich der US-Präsident so aufgeregt hat.

Christian Lammert

Politologe und USA-Experte

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Christian Lammert ist Professor für nordamerikanische Politik am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der Freien Universität Berlin.


SRF News: Worum geht es in diesem Werbespot?

Christian Lammert: Es ist ein Werbespot der Regierung der Provinz Ontario, nicht der kanadischen Bundesregierung. Darin wird kritisiert, was Trump mit seiner Zollpolitik macht. Der Stein des Anstosses für Trump ist, dass Ronald Reagan, ehemaliger Präsident der USA, darin zu Wort kommt und über die negativen Konsequenzen von Zollpolitik spricht. Trump regt sich darüber auf, dass Reagan in diesem Spot so zu verstehen ist, als würde er die Zollpolitik, die Trump so toll findet, kritisieren.

Das sagte Ronald Reagan 1987:

Trump könnte sich doch sagen, dass dies nur eine lokale Regierung sei, die ihn nichts angehe – wieso regt er sich so auf?

Man muss es im Kontext zu dem sehen, was in den USA gerade passiert, es ist innenpolitisch motiviert. 

Wenn der Supreme Court entscheiden würde, dass Trumps Zollpolitik gegen die Verfassung verstösst, dann sind die meisten Zölle, die er bislang eingesetzt hat, obsolet.

Anfang November wird der Supreme Court in den USA erste Anhörungen veranstalten, ob Trumps Zollpolitik überhaupt verfassungsgemäss ist. Das betrifft auch die US-Zölle gegenüber Kanada. Wenn der Supreme Court entscheiden würde, dass Trumps Zollpolitik gegen die Verfassung verstösst, weil er den Kongress nicht einbindet, dann sind die meisten Zölle, die er bislang eingesetzt hat, obsolet. Er müsste Milliarden Dollar an US-Unternehmen und ausländische Unternehmen zurückzahlen und seine ganze wirtschaftspolitische Agenda würde zusammenbrechen.

Das ist der Stein des Anstosses für US-Präsident Donald Trump:

Als wie gross erachten Sie diese Möglichkeit?

Die Rechtsexperten sehen eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass der Supreme Court die Zölle für nicht verfassungsgemäss interpretieren wird. An der kanadischen Grenze haben wir weder einen wirtschaftlichen noch einen sicherheitspolitischen Notstand – und das war Trumps Argument.

Die meisten Rechtsexperten in den USA gehen davon aus, dass diese Zölle als nicht verfassungskonform eingeschätzt werden.

Andererseits hat der Supreme Court Trump schon in einigen Entscheidungen grossen Handlungsspielraum zugesprochen. Die Frage ist, ob er das hier auch macht. Doch die meisten Rechtsexperten in den USA gehen davon aus, dass diese Zölle als nicht verfassungskonform eingeschätzt werden.

Eintrag von Donald Trump auf seinem Netzwerk Truth Social
Legende: Donald Trumps Reaktion auf Truth Social Diesen Post hat Donald Trump auf Truth Social verfasst. SRF/Screenshot

Falls die Zölle bestehen bleiben: Was wären die Folgen für die kanadische Wirtschaft?

Der kanadische Dollar wird bereits nach dieser Ankündigungen auf Social Media abgewertet. Man wäre am Beginn eines weiteren Handelskriegs, weil auch die kanadische Regierung reagieren würde. Das wird beiden Volkswirtschaften schaden, der kanadischen mehr, weil fast 70 Prozent des kanadischen Handels mit den USA stattfinden. Die US-Wirtschaft ist nicht so sehr auf Kanada angewiesen.

Zwei ältere Männer, die beide lachen
Legende: Da war beiden noch zum Scherzen zumute: Der kanadische Premierminister Mark Carney und US-Präsident Donald Trump am 7. Oktober 2025 im Oval Office. Keystone/Shawn Thew

Könnte Kanada eine Alternative zum Handel mit den USA entwickeln?

Ja, da haben die Kanadier auch schon die Fühler ausgestreckt. Vor allem die EU ist der Adressat solcher Veränderungen. Man hat zwar schon versucht, ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada zu etablieren. Das ist nicht richtig erfolgreich gewesen. Doch wenn sich dieser Handelsstreit mit den USA fortsetzt, wird sich Kanada stärker nach Grossbritannien, aber auch nach Europa ausrichten. Die Frage ist, inwieweit Trump dann wieder mit Zöllen gegenüber der EU und Grossbritannien droht. 

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

Rendez-vous, 24.10.2025, 12:30 Uhr ; 

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