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Wahlsieg für Nicosur Dan Rumänien wählt Stabilität statt Populismus

Noch vor zwei Wochen, nach der ersten Runde, schien ein Sieg des Ultranationalisten George Simion fast unabwendbar. Er hatte doppelt so viele Stimmen geholt wie der proeuropäische Bürgermeister von Bukarest, Nicusor Dan. Doch Dan, der nicht nur für seine Gradlinigkeit, sondern auch für seine Hartnäckigkeit bekannt ist, legte sich ins Zeug und mit ihm alle, die nicht wollten, dass Rumänien von seinem EU- und Nato-Kurs abweicht und von einem unberechenbaren Populisten vertreten wird.

Verwickelt in Widersprüche

Während Simion letzte Woche ins Ausland reiste, in die dortige Diaspora, und ultrarechten Medien Interviews gab, bestritt Dan Fernsehdebatten alleine, neben sich einen leeren Stuhl. Die «Mainstream-Medien» seien ihm gegenüber unfair, meinte Simion und überliess Dan das Feld, der mit seinen sachlichen Argumenten überzeugen konnte und unablässig durch das Land reiste. Simion erweckte den Eindruck, Rumänien sei ihm doch nicht so wichtig – er, der dauernd verspricht, er werde rumänische Interessen über alles andere stellen.

Ausserdem verwickelte sich Simion in Widersprüche, nahm frühere Versprechen zurück, gab sich plötzlich moderat und versuchte seine ultranationalistische Vergangenheit, in der er als Hooligan und Schläger für Schlagzeilen sorgte, abzustreifen. Doch das gelang ihm nur bedingt, vor allem die ungarische Minderheit in Rumänien erinnert sich gut daran. Sie stimmte denn auch praktisch geschlossen gegen Simion und für Dan und trug damit massgeblich zum Wahlsieg des proeuropäischen Bukarester Bürgermeisters bei. Ausserdem war Dan auch auf den sozialen Medien präsent, so auch auf TikTok; dies war zuletzt das Tummelfeld vor allem der Ultrarechten.

Mit hoher Wahlbeteiligung zu Stabilität

Und so strömten die Rumäninnen und Rumänen in Scharen an die Urnen, im Land und auch in der Diaspora. 65 Prozent Stimmbeteiligung gab es, das ist so hoch wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Und so trat ein, was noch vor zwei Wochen nur die Optimisten unter den proeuropäischen Kräften zu hoffen wagten: Rumänien hat einen Präsidenten, der das Land auf EU- und Nato-Kurs halten wird, der die Ukraine unterstützen will, für Stabilität steht und tut, was er verspricht. Das ist in diesen unruhigen Zeiten äusserst wichtig: für Rumänien, aber auch für Europa insgesamt.

Judith Huber

Osteuropa-Korrespondentin

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Vor ihrer Tätigkeit als Osteuropa-Korrespondentin war Judith Huber als Sonderkorrespondentin für die Ukraine und als Auslandredaktorin tätig. Sie war zudem jahrelang Produzentin der Sendung «Echo der Zeit» von Radio SRF. Judith Huber befasst sich seit Jahren mit Osteuropa und Russland und mit anderen Ländern des postsowjetischen Raums. Sie spricht sowohl Russisch als auch Ukrainisch.

SRF 4 News, 19.05.2025, 8 Uhr;brus

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