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Hasenclever: «Eine Reform der UNO würde lange dauern»
Aus Echo der Zeit vom 13.04.2022. Bild: Keystone
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Zukunft der Vereinten Nationen Ist die UNO mit dem Ukraine-Krieg am Ende angelangt?

Die UNO wurde geschaffen, um die Welt vor Krieg zu bewahren. Doch im Ukraine-Krieg erscheint sie machtlos. Im Sicherheitsrat kann Russland per Veto alle Aktionen verhindern. Einschätzungen zur Zukunft der Vereinten Nationen von Friedensforscher Andreas Hasenclever.

Andreas Hasenclever

Andreas Hasenclever

Friedensforscher

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Andreas Hasenclever ist Professor für Friedensforschung und Internationale Politik am Institut für Politikwissenschaft (IfP) der Universität Tübingen.

SRF News: Ist die UNO bedeutungslos geworden?

Die Beurteilung der UNO sollte nicht fallspezifisch verlaufen. Momentan kann sie wirklich nicht viel machen, ausser über die Generalversammlung das Vorgehen Russlands in der Ukraine auf Schärfste zu verurteilen. Gleichzeitig ist es möglich, den Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten. Das sind langfristige Prozesse, die Russland vorerst nicht behindern werden.

In der akuten Situation sind die Vereinten Nationen in der Tat machtlos, aber das war absehbar.

In der akuten Situation sind die Vereinten Nationen in der Tat machtlos, aber das war absehbar. Sie waren nie dazu gedacht, einzugreifen, wenn ein Mitglied des Sicherheitsrats aggressiv wird. Es wurde immer davon ausgegangen, dass ein gewisser Konsens zwischen den Mitgliedern des Sicherheitsrats besteht.

Der ukrainische Präsident Selenski forderte letzte Woche den Ausschluss Russlands aus dem Sicherheitsrat. Wie sehen Sie das?

Das geht nicht. Gemäss UNO-Charta kann ein gewähltes oder permanentes Mitglied des Sicherheitsrates nicht so ohne Weiteres aus dem Verkehr gezogen werden. Wenn überhaupt, wäre das Gremium langfristig zu reformieren. Hier gibt es aber hohe Hürden. Gemäss Artikel 108 müssten strukturellen Veränderungen zwei Drittel aller Mitglieder und gleichzeitig alle ständigen Mitglieder zustimmen. Alle bisherigen Versuche funktionierten nicht.

Ist der UNO-Sicherheitsrat gar nicht reformierbar?

Die Schweiz hat hier bekanntlich eine interessante Position. Sie gibt strukturellen Reformen zurzeit keine grossen Erfolgsaussichten. Aber es gibt ernsthafte Bemühungen, die Arbeitsmethoden des Sicherheitsrates zu verändern – über die vermehrte Beteiligung anderer Staaten. Mehr Akteure sollten ihre Meinung einbringen können bei Beibehaltung der alten Strukturen. Das scheint machbar, setzt aber einen Grundkonsens im Sicherheitsrat voraus, den es in der akuten Krise nicht gibt.

UNO-Vollversammlung.
Legende: Die UNO-Vollversammlung suspendierte am 7. April 2022 die Mitgliedschaft Russlands im UNO-Menschenrechtsrat. imago images

Was halten Sie von der Idee der USA für eine «Allianz der Demokratien» als Gegenveranstaltung zur UNO?

Das wird schon sehr lange diskutiert. Die herrschende Meinung ist sehr skeptisch. Denn das würde einen kleinen Klub etablieren, der die Spaltung der Welt in unterschiedliche Systeme nur noch weiter vertiefen würde. Dieser hätte längst nicht die Legitimation wie bestenfalls die UNO. Man würde nicht viel gewinnen, aber sehr viel verlieren.

Auch der 1946 aufgelöste Völkerbund als UNO-Vorläufer scheiterte regelmässig an den Interessen der Grossmächte. Sehen Sie Parallelen zu heute?

Internationale Politik ist ein sehr brutales und fieses Geschäft. Es kann sein, dass die UNO an der Brutalität ihrer Mitglieder scheitern wird. Aber noch sind wir nicht so weit. Noch wird in den Gremien, Unterorganisationen und Programmen gearbeitet. Die UNO besteht ja nicht nur aus dem Sicherheitsrat. Es gibt das Umweltprogramm, die Aktionen gegen den Klimawandel, das World Food Programm. Die Unesco versucht, die Bildung von Kindern in Krisengebieten zu verbessern. Da läuft im Augenblick noch relativ viel.

Die Weltprobleme werden nicht weniger, nur weil sich Russland momentan unmöglich verhält.

Die Weltprobleme werden nicht weniger, nur weil sich Russland momentan unmöglich verhält. Es ist zu hoffen, dass bald Vernunft einkehrt und die Weltprobleme gemeinsam angegangen werden. Dafür braucht es so etwas wie die Vereinten Nationen.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

Echo der Zeit, 13.04.2022, 18:00 Uhr;

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