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Zwischenwahlen in Argentinien Milei punktet – und muss nun liefern

Bei den Zwischenwahlen in Argentinien gibt es zwei Gewinner: Javier Milei und US-Präsident Donald Trump. Milei, weil seine Regierung nach Wochen der Unsicherheit an den Finanzmärkten und mehreren Skandalen wieder Stabilität gewonnen hat.

Sein Bündnis La Libertad Avanza (LLA) erreichte rund 41 Prozent der Stimmen. Das ist deutlich weniger als die 56 Prozent bei den Präsidentschaftswahlen vor zwei Jahren, sichert aber zusätzliche Parlamentssitze – und damit politischen Spielraum, den radikalen Sparkurs fortzusetzen. Ein zentrales Versprechen ist eine rasche wirtschaftliche Erholung: «Die Zahlen werden steigen wie der Pups eines Tauchers», sagte Milei schon im letzten Jahr.

Auch ein Sieg für Trump

Auch für Trump ist es ein Sieg. Seine offene Unterstützung für Milei hat Wirkung gezeigt. Die Finanzmärkte honorierten die 20-Milliarden-Dollar-Swap-Linie der USA, die Argentinien kurzfristig stabilisierte. Trump erklärte an Bord der Air Force One, Argentinien gehe es schlecht, viele Menschen hätten nicht genug zu essen, aber er möge den Präsidenten und wolle ihm helfen.

Diese Hilfe ist ideologisch und sie ist strategisch. Washington will ein Signal an Peking senden: Argentinien soll westlich bleiben. Und, Trump ist Geschäftsmann. In Argentinien wird derzeit spekuliert, welche Gegenleistungen fällig werden könnten – möglicherweise Zugeständnisse bei Handelsabkommen? Ein privilegierter Zugang zu Bodenschätzen?

Rekordtiefe Wahlbeteiligung trotz Wahlpflicht

Der Wahlkampf war auch von Furcht bestimmt. Die vergangenen Wochen waren geprägt von einer rhetorischen Eskalation in den Medien. Einige Kommentatoren und Regierungsvertreter zeichneten ein Szenario des Untergangs: Sollte Milei verlieren, drohe ein «Schwarzer Montag», ein neuer Peso-Crash, die Rückkehr des Peronismus, Massenproteste und Instabilität.

Die Beteiligung an der Wahl lag bei 67.9 Prozent – dem niedrigsten Wert seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1983, in einem Land, in dem Wahlpflicht herrscht. Zwar sind die Geldstrafen gering, doch wer nicht wählen geht, kann administrative Schwierigkeiten bekommen – etwa bei der Beantragung eines Reisepasses.

Weder die Wähler, noch Washington wollte einen erneuten Zusammenbruch des argentinischen Finanzsystems, und Milei wusste diese geopolitische Gunst zu nutzen. Ohne Hilfen aus dem Ausland stünde Argentinien schon wieder knapp vor einem Default, das wurde zuletzt Anfang Oktober klar. Trump drohte unverhohlen: «Wenn Milei gewinnt, helfen wir. Wenn nicht, sind wir raus.»

Jetzt sind Kompromisse gefordert

Das Wahlergebnis ist kein Blankoscheck für Milei, es ist ein Auftrag: Er muss also endlich Politik machen und Allianzen schmieden, anstatt alle zu verfluchen, wenn sie auch nur leicht von seiner Linie abweichen. Politisch festigt das Wahlergebnis Mileis Position, aber es garantiert ihm keine reibungslose Regierungsarbeit.

Im Senat ist die Opposition weiterhin stark, und die Koalition bleibt fragil. Mileis Fähigkeit, Privatisierungen oder Deregulierungen durchzusetzen, hängt nun von wechselnden Allianzen ab – und von seiner Bereitschaft, Kompromisse einzugehen, was bisher nicht gerade Teil seiner politischen DNA war.

Ein ganzes Land wartet nun auf den Pups eines Tauchers. Oder anders gesagt: Das versprochene plötzliche Aufsteigen der Wirtschaft.

Karen Naundorf

Südamerika-Korrespondentin

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Karen Naundorf ist SRF-Korrespondentin in Südamerika, Standort Buenos Aires. Sie hat in Berlin und Barcelona Kommunikation studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg absolviert und ist Fellow des Pulitzer Center on Crisis Reporting.

SRF 4 News, 27.10.2025, 2 Uhr

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