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Abschaffung des Eigenmietwerts Mieterinnen- versus Hauseigentümerverband: Wer gewinnt?

Erneut stehen sich im Abstimmungskampf die beiden Verbände mit gegenteiligen Parolen gegenüber. Was diesmal anders ist.

Politologe Lukas Golder vom Forschungsinstitut GFS Bern steht stets nahe am politischen Boxring. Er gewinne den Eindruck, dass sich die Verbände der Mieterinnen und der Hauseigentümer mit immer härteren Bandagen bekämpfen.

Der Grund hierfür sei für ihn offensichtlich: Der Wohnraum in der Schweiz werde knapper und teurer. Alle seien davon in irgendeiner Form betroffen. Und das mache die Debatten emotionaler. «Die Diskussion hat sich tatsächlich verschärft», sagt Golder. Er gehe davon aus, dass sich dieser Graben in den nächsten Jahren eher verstärken werde.

Es geht nicht um Leute mit vielen Liegenschaften, die Wohnungen vermieten.
Autor: Gregor Rutz Nationalrat (SVP/ZH)

Dieser Graben zeigt sich jetzt wieder bei der Abstimmung über die Abschaffung des Eigenmietwerts, in der sich die beiden Verbände mit gegenteiligen Parolen gegenüberstehen. Für die Abschaffung des Eigenmietwerts ist Gregor Rutz, SVP-Nationalrat und Präsident des Hauseigentümerverbands. Er ist nicht einverstanden mit der Darstellung, dass es bei der Frage um den Eigenmietwert einen Konflikt zwischen Mietenden und Besitzenden gebe.

Lächelnder Mann im Anzug mit Brille auf Strasse.
Legende: Gregor Rutz, 52-jährig, Präsident des Hauseigentümerverbands KEYSTONE / Ennio Leanza

Es gehe um selbst bewohntes Eigentum, «um ganz normale Leute, die das Leben lang gespart haben und ein eigenes Häuschen, eine eigene Wohnung haben», sagt Rutz. Es gehe nicht um Leute mit vielen Liegenschaften, die Wohnungen vermieten.

Eigenmietwert – kurz erklärt

Box aufklappen Box zuklappen
Wohnstrasse mit Einfamilienhäusern und Gärten.
Legende: Einfamilienhäuserreihe in Zürich-Altstetten KEYSTONE / Petra Orosz

Der Eigenmietwert ist jener Betrag, den Haus- oder Wohnungsbesitzer einnehmen würden, wenn sie ihr Wohneigentum vermieten würden. Diesen Betrag müssen sie als Einkommen versteuern, wobei sie bei der Steuererklärung auch Abzüge geltend machen können – beispielsweise wenn sie ihre Liegenschaft sanieren. Es ist ein etwas kompliziertes Konstrukt, das historisch gewachsen ist, und das nun verschwinden soll, wenn es nach Bundesrat und Parlament geht.

Direkt betroffen von der Abschaffung des Eigenmietwerts wäre nur eine bestimmte Gruppe von Hausbesitzern. Für Mieterinnen und Mieter würde sich rechtlich nichts ändern. Also doch kein Konflikt zwischen Mieterinnen und Vermietern?

Wir wollen nicht, dass am Schluss die Mieterinnen und Mieter mehr Steuern bezahlen müssen.
Autor: Michael Töngi Nationalrat (Grüne/LU)

Zu kurz gedacht, findet Michael Töngi, Nationalrat der Grünen und Vizepräsident des Mieterinnen- und Mieterverbandes. Es gehe um Steuergerechtigkeit.

Mann mit Brille hält Rede vor Mikrofon.
Legende: Michael Töngi, 58-jährig, Vizepräsident des Mieterinnen- und Mieterverbands KEYSTONE / Til Buergy

Der Bund rechnet damit, dass die Abschaffung des Eigenmietwerts zu Steuerausfällen in der Höhe von fast 2 Milliarden Franken führen könnte. Das sei zu viel, sagt Töngi: «Wir wollen nicht, dass am Schluss die Mieterinnen und Mieter mehr Steuern bezahlen müssen oder der Staat Leistungen abbaut, die auch den Mieterinnen und Mietern zugutekommen, um am Schluss die Hauseigentümer zu entlasten.»

Der Trumpf des Hauseigentümerverbands

Die Vorlage ist gemäss Politologe Lukas Golder relativ kompliziert. Auch wenn es eigentlich um eine konkrete Frage gehe, vermutet er, dass der Mieterinnen- und Mieterverband die Abstimmung zum Eigenmietwert zu einer Grundsatzfrage hochstilisieren dürfte: «Im Sinne von: Wir wollen die Mieterschaft stärken und den Reichen nicht noch mehr Geld zuschanzen.»

Hund sitzt in einer Umzugsschachtel
Legende: Über die Abschaffung des Eigenmietwerts wird am 28. September abgestimmt. Getty Images/Catherine Falls Commercial

Früher habe der Hauseigentümerverband bei solchen Abstimmungen immer einen Trumpf gehabt, sagt Lukas Golder: den, dass insgeheim so manche Mieterin oder so mancher Mieter wohl davon geträumt habe, selber einmal ein Häuschen zu besitzen.

Diese Chance ist nun für viele wirklich nicht mehr realistisch.
Autor: Lukas Golder Politologe

Dieser Traum dürfte bei vielen verflogen sein. Man müsse nur die Entwicklung der Immobilienpreise in den letzten Jahren betrachten. Diese Chance sei für viele nicht mehr realistisch. «Und das gibt ein nüchternes Bild, was vielleicht auch die Fronten verhärtet.»

Sich verhärtende Fronten auch, weil es nicht mehr so einfach sei, von der Gruppe der Mieter zu den Hausbesitzern zu wechseln.

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Rendez-vous, 22.8.2025, 12:30 Uhr;liea

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