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Wuchtiges Nein zu Initiativen Vier Parteipräsidenten und ein Sargnagel: Erbschaftssteuer ade?

Das Stimmvolk schmettert Erbschaftssteuer und Bürgerdienst ab. An der Präsidentenrunde herrschte dreieinhalbfache Freude.

«TAX THE RICH» stand in Grossbuchstaben im Berner Kulturzentrum Progr, wo sich die Befürworterinnen und Befürworter der Erbschaftssteuer-Initiative trafen. Das (inoffizielle) Motto des Abstimmungssonntags war ein anderes: «So nicht, Juso». Satte 78 Prozent lehnen die Initiative ab.

Es wurde mit dem Finger auf Leute gezeigt, die sich enorm für dieses Land einsetzen.
Autor: Benjamin Mühlemann Co-Präsident der FDP

FDP-Co-Chef Benjamin Mühlemann wertet das Votum als Nein zur Neidkultur: «Es wurde mit dem Finger auf Leute gezeigt, die sich enorm für dieses Land einsetzen.» Schliesslich würden die reichsten fünf Prozent zwei Drittel der direkten Bundessteuern abliefern und Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen.

Für SVP-Präsident Marcel Dettling hat das Stimmvolk eine klare Botschaft gesendet. «Bei den Erbschaftssteuern ist der Sargdeckel jetzt zu.»

Ende oder Anfang der Diskussion?

Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy sekundierte: «Das Thema ist auf eidgenössischer Ebene ad acta gelegt.» Juso-Chefin Mirjam Hostetmann bezeichnete Milliardäre als «Gefahr für unsere Gesellschaft und Demokratie». War der Abstimmungskampf der Jungpartei einfach zu schrill?

SP-Co-Präsident Cédric Wermuth relativierte: Es gehe bei der Erbschaftssteuer nicht darum, ein Feindbild aufzubauen. «Doch die enorme Konzentration von Reichtum bei ein paar Wenigen ist ein Problem. Und das in einer Zeit, in der viele Menschen im Land kämpfen, um ihre Mieten und Krankenkassenprämien bezahlen zu können.»

Für Wermuth ist klar: Die Abstimmung war nicht der Sargnagel für die Erbschaftssteuer – sondern der Anfang einer Diskussion über soziale Gerechtigkeit. Dass die Schere in der Schweiz weit aufgeht, ist auch für Bregy unstrittig. Für ihn braucht es aber Massnahmen, um den Mittelstand zu entlasten.

Vier Sieger an der Präsidentenrunde

Noch deutlicher wurde die Service-citoyen-Initiative abgelehnt – nämlich mit 84 Prozent. Ein wuchtiges Nein zum Bürgerdienst für alle. Das laut Initiantin Noémie Roten zeigt, wie schwierig es ist, gegen das politische Establishment anzutreten.

Dieses versammelte sich in seltener Einigkeit an der Präsidentenrunde. Dettling wurde «fast ein bisschen bleich, dass Cédric Wermuth und ich mal einer Meinung sind.» Der Dienst am Vaterland lässt sich für den SVP-Präsidenten nicht zwangsverordnen. Noch dazu hätte die Initiative zu einer Schwächung der Armee beigetragen.

Die Lösung war insofern schlecht, als man die Leute zu etwas zwingen wollte.
Autor: Cédric Wermuth Co-Präsident der SP

Wermuth würdigte zwar das Anliegen der Initianten, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Aber: «Die Lösung war insofern schlecht, als man die Leute zu etwas zwingen wollte.» Stattdessen müssten freiwillige Anstrengungen mehr gewürdigt werden, die gerade auch Frauen mit ihrer Care-Arbeit leisteten.

Armee stärken – nur wie?

FDP-Co-Präsident Mühlemann feierte die klare Ablehnung als Sieg für das Schweizer Milizsystem. Und für Mitte-Mann Bregy waren die Initianten argumentativ auf Schlingerkurs. «Wenn man über Gleichberechtigung spricht, sollte man nicht mit einer neuen Pflicht für Frauen anfangen.»

Für die bürgerlichen Parteipräsidenten ist klar: Um die Bestände von Armee und Zivilschutz zu sichern, muss die Sicherheitsdienstpflicht vorangetrieben werden. Die Armee soll – personell wie materiell – ausreichend alimentiert werden.

Bei der Frage, woher das Geld kommen soll, war es mit der Einigkeit vorbei. Das zeigte sich bei der Diskussion über die Pläne von Verteidigungsminister Martin Pfister, die Mehrwertsteuer zugunsten der Armee zu erhöhen. Affaire à suivre.

Reaktionen auf mögliche Mehrwertsteuererhöhung für die Armee

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Darum geht es: Laut dem «Tages-Anzeiger» will Verteidigungsminister Martin Pfister viel schneller als bisher geplant aufrüsten und dafür die Mehrwertsteuer um etwa einen halben Prozentpunkt erhöhen.

Das sind die Reaktionen:

  • Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy: «Ich persönlich kenne den Vorschlag nicht, aber ich sage immer: Wir brauchen deutlich mehr Geld, um die Armee nachzurüsten. Da reden wir von 50 bis 60 Milliarden. Das können wir nicht über das ordentliche Budget finanzieren. Ich finde es demokratisch richtig, die Bevölkerung zu fragen: Seid ihr bereit, mehr für die Nachrüstung der Armee zu bezahlen? Darum würde ich den Vorschlag unterstützen».
  • Co-Präsident FDP Benjamin Mühlemann: «Ich kenne die Pläne nicht. Wenn das so ist, will man den Weg des geringsten Widerstandes gehen und nicht die Prioritäten zuerst im Bundeshaushalt setzen, wo wir über die Budgetdebatte reden und der Ständerat das Entlastungspaket diskutieren muss. Es ist nicht der Zeitpunkt, dem Bürger noch mehr aus der Tasche zu ziehen. Zuerst muss das Parlament seine Hausaufgaben machen.»
  • SVP-Präsident Marcel Dettling: «Das scheint sehr aktuell zu sein im Bundesrat, dass man bei allen Problemen, die wir haben – 13. AHV, Militär – die Mehrwertsteuer erhöhen will. Die eigenen Hausaufgaben macht der Bundesrat nicht. Kürzlich habe ich eine gute Schlagzeile gelesen: ‹Der Bundesrat will überall sparen, nur bei sich selber nicht.› Man soll sicher nicht den Bürger mehr belasten.»
  • Co-Präsident SP Cédric Wermuth: «Die Schweiz hat es als einziges Land geschafft, die Verteidigungspolitik in den letzten zwei Jahren schlechter zu machen. Wir haben keine Strategie. Wir haben ein massives Management- und Effizienzproblem. Bevor der Laden nicht aufgeräumt wird, gibt es keinen Rappen.»

SRF 4 News, 30.11.2025, 17 Uhr ; 

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