Der Gesetzesentwurf zur Reorganisation der eidgenössischen Zollverwaltung, der in den vergangenen Monaten in der Vernehmlassung war und auf heftige Kritik von mehreren Seiten gestossen ist, sieht vor, dass die Grenzbehörden quasi eine Zollpolizei erhalten sollen, die eigene Strafverfolgungen und verdeckte Ermittlungen durchführen kann. Polizeirechtler Markus Mohler hält nichts von dieser Idee und schickt die Revision zurück an den Absender.
SRF News: W enn eine Grenzpolizei mit deutlich ausgebauten Kompetenzen geschaffen würde, wäre das eine Art zweite Bundespolizei?
Markus Mohler: Ja, das kann man so sehen. Vor allem wäre es eine relativ grosse Behörde, denn es sollen ja auch die rein verwaltungsrechtlich tätigen Angehörigen der Zollverwaltung plötzlich uniformiert und bewaffnet werden.
Könnte der Gesetzesentwurf sogar verfassungswidrig sein?
Er könnte nicht nur, sondern er verstösst in mehrfacher Hinsicht gegen die Bundesverfassung. Zunächst einmal hat der Bund ausser für die Warenkontrolle, also die Warenausfuhr und -einfuhr in Bezug auf den Zoll, keine Kompetenz zu polizeirechtlichen Massnahmen, ausgenommen das Grenzwachkorps und die Grenzpolizei. Alles andere ist Sache der Kantone.
Aber nach Einschätzung des Bundesrats ist die Ausweitung der polizeilichen Aufgaben der Zollbehörde zulässig...
Aber die massgebende Bestimmung der Bundesverfassung sagt, dass die Koordination durch Bund und Kantone immer im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten ausgeübt werden muss. Also: Der Bund kann sich nicht einfach Zuständigkeiten unter dem Stichwort Koordination zuschanzen.
So könnte man im Prinzip die ganze Schweiz zum Grenzraum erklären.
Der Zoll stützt sich auf Artikel 133 der Bundesverfassung. Dabei geht es ausschliesslich um Zölle und Abgaben im Warenverkehr. Hinzu ist das Grenzwachkorps gekommen. Das ist in einem Grenzraum, den man mit etwa 20 Kilometern Breite definiert hat, nachdem die Kontrollen auf der Grenze wegen Schengen entfallen sind, selbstverständlich in Ordnung. Nun soll aber der Grenzraum einseitig durch die Zollverwaltung festgelegt werden können. So könnte man im Prinzip die ganze Schweiz zum Zollraum erklären.
Sie halten also gar nichts von diesen Plänen?
Nein. Es geht noch weiter: Wenn man sich vorstellt, dass auch Zöllnerinnen und Zöllner, die bisher rein verwaltungsrechtliche Aufgaben ausüben, plötzlich uniformiert und bewaffnet werden sollen – was bedeutet denn das? Werden dann auch in den Kantonen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Steuerverwaltung uniformiert und bewaffnet. Das ergibt doch keinen Sinn.
Gehen Sie davon aus, dass der Bundesrat nochmals über die Bücher geht?
Ich bin der Auffassung, dass dieser Entwurf an den Absender zurückgehen muss. So geht es meines Erachtens nicht. Ich habe mich auch gefragt, weshalb dieser Entwurf überhaupt in den Bundesrat gelangen konnte, weshalb hier nicht bereits das Bundesamt für Justiz, das ja als gewissermassen juristisches Gewissen des Bundesrates gilt, die Notbremse gezogen hat. Aber vielleicht hat es ja opponiert und ist nicht durchgekommen.
Was wäre denn Ihr Vorschlag, wie man das Ganze angehen müsste?
Nochmals zurück auf Feld Eins gehen und ein neues Zollgesetz, soweit es notwendig ist, ausarbeiten. Man sollte es so konzipieren, dass es mit allen Verfassungsbestimmungen und auch mit dem, was sonst aus dem Gesetz – beispielsweise aus dem Datenschutzgesetz – hervorgeht, einhergeht, und alles im Rahmen der verfassungsmässigen Anforderungen ausgestaltet ist.
Das Gespräch führte Karin Britsch.