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Corona in Pflegeheimen «Eine Testpflicht für nicht geimpftes Personal ist wünschenswert»

Die Coronafälle nehmen zu, auch Alters- und Pflegeheime sind betroffen. Markus Leser vom Branchenverband Curaviva über die Organsiation der Booster-Imfpung, Testpflicht für das Personal und Besuchsverbote.

Markus Leser

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Markus Leser ist Mitglied der Geschäftsleitung des Heimverbands Curaviva und dort Leiter des Fachbereichs Alter.

SRF News: Ist es sinnvoll, wenn sich die Alters- und Pflegeheime selbst organisieren müssen?

Markus Leser: Zunächst vorweg: Es ist ganz wichtig, dass die Boosterimpfung jetzt kommt. Und die Heime sind sehr unterschiedlich. Es gibt grosse, kleine, mittlere. Viele grössere Betriebe können das selbst machen. Sie haben genug Fachpersonal und die Ressourcen für solche Impfungen. Andere, die kleiner sind, haben das nicht und brauchen mobile Teams. Wichtig ist, zu schauen, welches Heim welchen Bedarf hat.

Ein Mann impft eine ältere Dame.
Legende: Eine gute Organisation ist wichtig, damit alle von einer Boosterimpfung profitieren können, sagt Markus Leser von Curaviva. Keystone

Sie vom Fachverband Curaviva würden eine Koordination durch den Bund nicht als sinnvoll erachten?

Das ist meiner Meinung nach zu weit weg. Es braucht eine Koordination vor Ort, sei das durch den Kanton oder durch regionale Strukturen. Weil dort, wo die Impfung schlussendlich eingesetzt wird, muss das gut koordiniert sein. Die Prozesse müssen vor allen Dingen unterstützend aufgebaut werden.

Beim Personal in den Heimen wird zu wenig getestet. Das Risiko, dass das Virus wieder in Heime kommt, ist da. Wie nehmen Sie Einfluss darauf, dass mehr getestet wird?

Die Gefahr ist, wenn aussen die Ansteckungsgefahr steigt, dann bleibt das Virus nicht in der Türe hängen. Es ist sehr wichtig, dass man das Impfen und Testen seriös wahrnimmt. Wir haben die Mitglieder immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig repetitive Tests sind.

Wir haben dem BAG vorgeschlagen, eine schweizweite Testpflicht für nicht geimpftes Personal einzuführen.
Autor:

Wir haben auch dem BAG, dem Bundesamt für Gesundheit, vorgeschlagen, eine schweizweite Testpflicht für nicht geimpftes Personal einzuführen. Den Fokus legen wir stark auf die Sensibilisierung und auf die Betonung der Wichtigkeit, dass wir hier einen möglichst hohen Schutz hinbekommen.

Setzen Sie darauf, dass der Bund eine Testpflicht in den Heimen verfügt, weil Sie die Heime mit der Sensibilisierungskampagne des Personals zu wenig erreichen?

Es ist eine weitere Massnahme. Gegen Corona nützt ja nicht eine Massnahme, sondern es braucht ganz viele. Es braucht die Sensibilisierung, die Überzeugungsarbeit vor Ort, die Vorbilder vor Ort. Aber es braucht auch zuvor genanntes Beispiel. Es ist ein Massnahmenbündel, das dann zusammen greift.

Eine Grossmutter im Rollstuhl und ihr Enkel schauen sich liebevoll in die Augen.
Legende: Kontakt zu den Angehörigen: Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen haben dies nötig. «Einsperren» wäre eine unmenschliche Massnahme. Keystone

Würden Sie sich ein Verbot des Bundes wünschen?

Es wäre wünschenswert, wenn der Bund eine solche schweizweite Testpflicht erlassen würde.

Es wäre verkehrt, die Leute wieder in ihrem Zimmer einzuschliessen oder die Heime zu schliessen. Das wäre eine unmenschliche Massnahme, die niemand mehr möchte.
Autor:

Zurzeit ist die Lage noch stabil in den Altersheimen, trotz steigender Ansteckungen. Kommt es wieder dazu, dass Besuchsverbote in den Heimen verhängt werden?

Das hoffe ich nicht. Wir müssen immer sehen, dass wir in einem grossen Spannungsfeld sind: Schutz versus Freiheit. Die Menschen sind nicht im Gefängnis. Sie brauchen ihre Autonomie, ihre Selbstbestimmung. Sie müssen aber auch geschützt werden.

Aber wir können in dieser Krise nicht davon ausgehen, dass es einen hundertprozentigen Schutz gibt. Wir versuchen alles, dass der hoch ist. Aber es wäre verkehrt, die Leute wieder in ihrem Zimmer einzuschliessen oder die Heime zu schliessen. Das wäre eine unmenschliche Massnahme, die niemand mehr möchte.

Rendez-vous, 05.11.2021, 12:30 Uhr ; 

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